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Kopf eines Eros / Amor



Kopf eines Eros / Amor


Inventar Nr.: Sk 37
Bezeichnung: Kopf eines Eros / Amor
Künstler / Hersteller: unbekannt
Datierung:
Datierung:2. Jh. n. Chr. (?)
weitere Datierung:Hellenistisch (GND: 4024313-8)
Objektgruppe: Skulptur
Geogr. Bezug:
Material / Technik: Weißgrauer, mittelkristalliner Marmor
Maße: insgesamt 12,5 cm (Höhe)
Kinn bis Scheitel 12 cm (Höhe)
Kinn bis Haaransatz 10 cm (Höhe)


Katalogtext:
Der kindliche Kopf mit kurzem Halsansatz ist leicht nach rechts gedreht und so stark zu dieser Seite geneigt, dass die langen Nackenlocken sich hinter der rechten abstehenden Ohrmuschel stauen und frei zur Seite hängen. Aus einem Scheitelzopf fällt eine S-förmige Locke auf die Stirnmitte des fülligen breiten Gesichtes mit kleinen Augen. Von dem Zopf sind kräftige S-förmige Lockensträhnen in zwei Schichten zu den Seiten gelegt. Die oberen kurzen Strähnen enden in nach vorn gerollten Spirallocken. Die langen Strähnen darunter beiderseits des Zopfes und das von dem Wirbel ausgehende Haar verhüllen den Nacken und bilden mit ihren spiraligen Enden einen Bausch; vielleicht war der Kopf ein wenig in den Nacken gelegt. Die Ausführung des nur mäßig erhaltenen Kopfes könnte im 2. Jh. n. Chr. erfolgt sein.

Die Haltung des kindlichen Kopfes und die Frisur sind für den Eros der Gruppe Amor-Psyche typisch (Bieber 1915). Die in über 30 Repliken überlieferte Gruppe stellt die beiden Gottheiten als kindliches Liebespaar vor, das sich eng umschlungen stehend küsst (Aspris 1996). Der nackte göttliche Liebesbote ist bei einigen Repliken an gefiederten Flügeln, das wunderschöne Mädchen Psyche, deren Mantel bis unter die Hüften herabgeglitten ist, an schmetterlingsgleichen Flügeln zu erkennen. Das Motiv für diese Gruppierung wird in der Forschung einvernehmlich mit der Amor-Psyche-Erzählung in dem märchenhaften Abenteuerroman ›Metamorphosen‹ oder ›Der Goldene Esel‹ von Apuleios (ca. 125–180 n. Chr.) in Verbindung gebracht. Für die Liebesepisode in dem römischen Roman wird eine verlorene griechisch-hellenistische Erzählung als Quelle angenommen. Für das Bildmotiv mit seinen Varianten innerhalb der Replikenserie diskutiert die Forschung seit längerem kontrovers, ob ein späthellenistisches Vorbild zugrunde liegt (Knoll 2000) oder ob eine nachhellenistische, eklektische Bilderfindung in der Art der spätrepublikanisch-frühkaiserzeitlich sehr beliebten Zweifigurenkompositionen (Kell 1988) zu den zahlreichen Wiederholungen bis in das 4. Jh. n. Chr. anregte. Die methodischen und chronologischen Kriterien für Entscheidungen über motivgeschichtliche, typologische oder stilgeschichtliche Befunde der späthellenistischen und frühkaiserzeitlichen Idealplastik reichen in der Regel nur zur Datierung des ausgeführten Werkes. Die Bilderfindung, die inhaltlich-gegenständliche Deutung und der ursprüngliche oder jeweilige Kontext eines Werkes bleiben allzuoft kaum bestimmbar (Bol 1999, Kreikenbom 1999). Einige Bildelemente wie die Scheitelzopffrisur des Amor (Döhl 1968), dessen Bein- und Fußstellung und der herabgleitende Mantel der Psyche (vgl. Kat. 1.29) sind spätklassische, die Drehung und Körperhaltung hellenistische Motive; die Komposition dieses göttlichen Liebespaares im Kindesalter kann sowohl im Späthellenismus als auch in der Kaiserzeit konzipiert worden sein.

(Gercke 2007)



Literatur:
  • Bieber, Margarete: Die antiken Skulpturen und Bronzen des Königlichen Museum Fridericianum in Cassel. Marburg 1915, Kat.Nr. 35.
  • Gercke, Peter; Zimmermann-Elseify, Nina: Antike Skulpturen und Neuzeitliche Nachbildungen in Kassel. Bestandskatalog. Mainz 2007, S. 191, Kat.Nr. 56.


Letzte Aktualisierung: 13.08.2020



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