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Aphrodite / Venus Typ Halbbekleidete Pudica



Aphrodite / Venus Typ Halbbekleidete Pudica


Inventar Nr.: Sk 18
Bezeichnung: Aphrodite / Venus Typ Halbbekleidete Pudica
Künstler / Hersteller: unbekannt
Datierung:
Datierung:150 - 160
Griechisches Vorbild:2. Jh. v. Chr. (GND: 4024313-8)
Objektgruppe: Skulptur
Geogr. Bezüge: Römisches Reich
Material / Technik: Weißer, mittelkristalliner Marmor
Maße: mit Plinthe 118 cm (Höhe)
Torso 110 cm (Höhe)
Provenienz:erworben 1777 durch Landgraf Friedrich II. in Rom.


Katalogtext:
Aphrodite steht leicht vorgebeugt und zur Standbeinseite geneigt, die Beine dicht zusammen, den linken Spielbeinfuß etwas zurück und zur Seite gesetzt. Sie ist nackt bis auf das bodenlange Gewand, das bis auf die Oberschenkel herabgerutscht ist. Beide Oberarme sind gesenkt. Mit der rechten Hand fasste sie vor dem Schoß den Knoten im Gewandbausch, der von den Oberschenkeln unterhalb der Glutäen weiter herabzugleiten droht. Die Position des linken Unterarms ist aus dem leicht angespannten und etwas nach vorn und zur Seite geführten Oberarm anhand vollständigerer Wiederholungen zu erschließen; sie hielt ihn in der Regel etwa horizontal in einer schützenden Geste unterhalb der Brüste vor den Körper. Eine im Zickzack gefaltete Stoffbahn fällt vor den Beinen von dem Knoten bis auf die Plinthe herab. Vertikale Steilfalten hinter dem Standbein reichen vom Gewandbausch, der die Glutäen freilässt, bis auf den Boden. Das Gewand an Spielbein und Standbein außen beherrschen gleichartige, hochreliefierte Bogenkaskaden, die zur Mitte des Bausches vorn und hinten führen. Der Kopf war leicht geneigt und nach links gewendet. Die Figur ist auf den unübersehbaren Reiz des sich entblößenden weiblichen Körpers im Gegensatz zum dicht die Beine umschließenden Gewand hin angelegt. Die momentane Spannung des Entblößens verstärken motivisch der leicht vorgebeugte Körper und die enge labile Bein- und Fußstellung. Die Datierung der Kopie in frühantoninische Zeit stützt sich auf die gleichartige Gewandbehandlung an Porträtstatuen der Faustina Maior. Die Kasseler Statue gehört dem Typus ›Halbbekleidete Aphrodite Pudica‹ an, der frühhellenistischen Aphroditefiguren verpflichtet ist.

Das Motiv des gebauschten, auf die Schenkel herabgeglittenen Gewandes kommt erstmals bei der halbbekleideten Aphrodite Anadyomene vor. Von der Aphrodite Capitolina/Venus Pudica sind der Kopftypus mit großer Haarschleife und die wie schützend vor den Körper gehaltenen Hände abgeleitet. Der Figurentypus Halbbekleidete Aphrodite Pudica ist in gut 50 Wiederholungen und Varianten überliefert, die sich im Wesentlichen auf zwei Versionen verteilen. Die Gruppen I (ca. 30 Repliken, linkes Standbein, linke Hand fasst Knoten) und II (ca. 13 stärker variierende Repliken, rechtes Standbein, rechte Hand fasst Knoten) verbindet trotz unterschiedlicher Ponderation motivisch die Kopfwendung nach links und der am linken Oberschenkel höher sitzende Gewandbausch (Delivorrias 1984, Schröder 2004). Da in beiden Gruppen bereits späthellenistisch datierte Wiederholungen vertreten sind und seit jener Periode um 100 v. Chr. wechselseitige Beeinflussungen vorzuliegen scheinen, wird eine gemeinsame Entstehung des Figurentypus nach stilistischen Kriterien um 175–150 v. Chr. vorgeschlagen (Schröder 2004). Für die variierenden Wiederholungen und Nachbildungen, denen es zumeist auch an Fundort, Kontext und motivischer Vollständigkeit mangelt, bleiben weitere kopienkritische Fragen (exakte Repliken, Genese des Motivs in spiegelbildlichen Wiederholungen, Konzeptfiguren?) zukünftigen Studien vorbehalten.
Das Stand- und Gewandmotiv sowie der Kopftypus dienen in Verbindung mit variierenden Armhaltungen und Attributen neu kombinierten Figurentypen im Späthellenismus und in der römischen Kaiserzeit sowohl für Aphrodite als auch für Nymphen (statt Gewandknoten eine Muschel haltend) und für die Figurenkörper römischer Porträtstatuen.

(Gercke 2007)



Literatur:
  • Bieber, Margarete: Die antiken Skulpturen und Bronzen des Königlichen Museum Fridericianum in Cassel. Marburg 1915, Kat.Nr. 30.
  • Savoy, Bénédicte: Patrimoine annexé: Les biens culturels saisis par la France en Allemagne autour de 1800. Paris 2003, S. 36, Kat.Nr. 49a.
  • Gercke, Peter; Zimmermann-Elseify, Nina: Antike Skulpturen und Neuzeitliche Nachbildungen in Kassel. Bestandskatalog. Mainz 2007, S. 118.119, Kat.Nr. 29.


Letzte Aktualisierung: 21.11.2023



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