|<<   <<<<   58 / 64   >>>>   >>|

Ephebe Typ Hirth-Kassel



Ephebe Typ Hirth-Kassel


Inventar Nr.: Sk 88
Bezeichnung: Ephebe Typ Hirth-Kassel
Künstler / Hersteller: unbekannt
Datierung:
Datierung:140 - 150
Griechisches Vorbild:490 - 450 v. Chr., Strenger Sil (GND: 4294329-2)
Objektgruppe: Skulptur
Geogr. Bezüge: Römisches Reich
Material / Technik: Weißer, feinkristalliner Marmor
Maße: insgesamt 17,5 cm (Höhe)
an Schläfen 9,5 cm (Breite)
äußere Augenwinkel 7 cm (Distanz)
Kinn bis Stirnhaarscheitel 12 cm (Distanz)
Provenienz:erworben 1777 durch Landgraf Friedrich II. in Rom bei Thomas Jenkins


Katalogtext:
Der Knabenkopf mit schlankem unbewegtem Gesicht trägt eine Langhaarfrisur mit Haarrolle. Das großflächig modellierte Gesicht mit niedriger Stirn, asymmetrisch stehenden mandelförmigen Augen, schmalem Mund und hochsitzendem Kinn wirkt maskenhaft starr. Das dicht anliegende flache Haar ist von dem Mittelscheitel aus nach vorn und zu den Seiten sowie von dem Kalottenwirbel aus zu den Seiten und nach hinten gekämmt. Ein Reif hält das gleichmäßig gesträhnte Haar in Form. Die lang gezogenen S-förmigen parallelen Strähnen sind unter dem Reif durchgezogen. Ihre Enden sind an den Schläfen und in dem Nacken um den Reif zu einem dicken Haarwulst gerollt. Die wie in Bronzetechnik ziselierten flachen Strähnen werden durch gravierte Rillen unterteilt. Der Reif ist nur über der Stirn sichtbar, wo die Strähnen von dem Mittelscheitel zu den Seiten gelegt sind. Über dem leicht in das Kalottenhaar einschneidenden Reif zeichnet sich im Scheitelansatz ein schwaches Mandorlamotiv ab. Im Bereich der Ohren geht die sich zum Nacken hin kontinuierlich verdickende Haarrolle zangenartig auseinander. Die altertümliche Langhaarfrisur und das großflächig modellierte Gesicht hat die Forschung früher dem Strengen Stil der griechischen Frühklassik zugeordnet (Bieber 1915). Die Studien über die vielfältigen typologischen Varianten haben zur der Klassifikation dieses Kopftypus als Ephebe Hirth-Kassel geführt, von dem fünf Wiederholungen bekannt sind (zuletzt Vorster 1993). Ein Statuenkörper konnte bisher nicht überzeugend zugewiesen werden (Kranz 1978). Dieser Kopftypus und die zahlreichen ähnlichen Darstellungen der Haartracht in ›Bronzemanier‹ – ›Orpheus‹, Apollon ›Citarista‹, ›Pylades‹, ›Elektra‹ u. a. – sind im Wesentlichen als Neuschöpfungen der römischen eklektischen Kunst vom 1. Jh. v. bis zum 2. Jh. n. Chr. bestimmt (ausführlich Zanker 1974, Trillmich 1975, Vorster 1993).

Die Datierung unseres Kopfes in die späthadrianisch-frühantoninische Periode stützt sich auf die knappe trockene Modellierung, die schweren Lider, die von Bohrrillen und Gravuren bestimmte Haarwiedergabe und den trotz lädierter und überarbeiteter Oberfläche noch ablesbaren Bohrereinsatz für die Mundspalte und die Mund- und Augenwinkel. Im Vergleich mit der ähnlich strähnigen Frisur des ›Pylades‹ der Gruppe Schloss Fasanerie aus der 1. Hälfte des 1. Jh. n. Chr. (Tancke 1990) und der des bronzenen Apollon ›Citarista‹ aus dem 1. Jh. v. Chr. (Zanker 1974) zeigen die Repliken zeittypische Gemeinsamkeiten des 2. Jh. n. Chr., die auch eine Erfindung dieses Kopftypus erst in dieser mittleren Kaiserzeit vermuten lassen (so Vorster 1993).

(Gercke 2007)



Literatur:
  • Bieber, Margarete: Die antiken Skulpturen und Bronzen des Königlichen Museum Fridericianum in Cassel. Marburg 1915, Kat.Nr. 3.
  • Gercke, Peter; Zimmermann-Elseify, Nina: Antike Skulpturen und Neuzeitliche Nachbildungen in Kassel. Bestandskatalog. Mainz 2007, S. 169, Kat.Nr. 48.


Letzte Aktualisierung: 15.04.2024



© Hessen Kassel Heritage 2024
Datenschutzhinweis | Impressum