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Votivstatuette aus Lissos, Mädchen mit Himation



Votivstatuette aus Lissos, Mädchen mit Himation


Inventar Nr.: ALg 211
Bezeichnung: Votivstatuette aus Lissos, Mädchen mit Himation
Künstler / Hersteller: unbekannt
Datierung: 300 - 250 v. Chr., hoch-/späthellenistisch
Epoche/Stil:hoch-/späthellenistisch (GND: 4024313-8)
Objektgruppe: Skulptur
Geogr. Bezüge:
Griechenland
Fundort: Lissos (Kreta)
Material / Technik: Weißer, mittelkristalliner Marmor
Maße: 57 cm (Höhe)
Provenienz:Leihgabe der Sammlung Peter und Irene Ludwig, Aachen, seit 1977 (Erworben im Kunsthandel Arete Zürich 1977)


Katalogtext:
Das frontal stehende Mädchen trägt einen Mantel und einen langen gegürteten Chiton ohne Überschlag, wie die vom Mantel unbedeckte rechte Körperseite zeigt. Unter dem Chitonsaum tritt die Schuhspitze mit hoher Sohle des zurückgesetzten, nach außen und schräg gestellten Spielbeinfußes hervor. Das linke Standbein bleibt hinter gleichmäßigen steilen Chitonfalten verborgen bis auf die Schuhspitze mit hoher Sohle unter abknickenden Falten am Plinthenrand. Das Himation ist über die Schultern nach vorn und hinten geworfen und reicht mit seinem bogigen Saum von der rechten Schulter hinunter mindestens bis zum Knie des Standbeins. Von dem umwickelten gesenkten Arm wird der Mantel an der linken Körperflanke gehalten. Der angestückte rechte Oberarm war frei von der Schulter zur Seite gestreckt, sodass der Mantel die rechte Körperflanke nicht verhüllt. Kragenartig staut sich der Mantelsaum am Hals. Ein Zipfel des Bausches hängt hinten von der linken Schulter herab. Auf der rechten Schulter bleibt der weitere Verlauf des kragenartigen Bausches ungeklärt. Die Rückseite ist nur skizzenhaft ausgeführt.

Ihrem Figurenaufbau liegt das übliche chiastisch-kontrapostische Kompositionsschema zugrunde, indem die Hebung und Senkung des Oberkörpers auf die Ponderation der Beinstellung reagiert. Die Eigenart dieser Statuette zeigt sich vor allem in der zweiteiligen Gewandung und in deren unterschiedlicher Darstellung. Die von den anderen Statuetten bekannte Gewandwiedergabe des Chitons in feinen vertikalen körpermodellierenden Falten und stärker reliefierten körperverhüllenden Steilfalten mit spärlichen Zug- bzw. Bogenfalten wird an dieser Figur motivisch bereichert und formal erweitert durch die Gewanddarstellung des Mantels mit seinem kurvigen Saum über den Körper, seinen getreppten bogigen Zugfalten und dem Bausch um den Hals. Die zweiteilige Gewandung ist seit der spätklassischen Zeit ein fester Bestandteil der Frauenfiguren und wird in der hellenistischen Zeit modisch wie ikonographisch von den Bildhauern zu einem zentralen Sujet ihrer künstlerischen Aussage über die bekleidete menschliche Figur entwickelt. Unsere Statuette folgt zwar mit ihrem diagonal über den Körper gezogenem und auf der Spielbeinseite offenem Mantel hellenistischen Trachttendenzen (vgl. Muse Typus Euterpe Milet, Stehende Muse mit der Kithara und andere Gewandfiguren), bleibt aber in der motivischen Vereinfachung (ländliche Tracht?) und bildhauerisch schlichten Ausführung ein charakteristischer Vertreter der Gattung unprätentiöser Votive. Der kompakte Aufbau der Figur und die verhaltene rundplastische Torsion der Manteldrapierung ohne klassizistische Tendenz gestatten eine stilistische Datierung in die Mitte des 2. Jhs. v. Chr. (Vorster 1983).

(Gercke 2007)



Literatur:
  • Gercke, Peter; Zimmermann-Elseify, Nina: Antike Skulpturen und Neuzeitliche Nachbildungen in Kassel. Bestandskatalog. Mainz 2007, S. 127, Kat.Nr. 33.

Siehe auch:


  1. ALg 210: Votivstatuette aus Lissos, Mädchen mit Mantelbausch
  2. ALg 212: Votivstatuette aus Lissos, Mädchen mit entblößtem Arm
  3. ALg 213: Votivstatuette aus Lissos, Mädchen mit Vogel


Letzte Aktualisierung: 13.05.2019



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