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Erstes Buch des Euklid, mitsamt illustrienden Tafeln; in Ebenholzkasten mit 8 Fächern und Deckelfach



Erstes Buch des Euklid, mitsamt illustrienden Tafeln; in Ebenholzkasten mit 8 Fächern und Deckelfach


Inventar Nr.: APK I 158
Bezeichnung: Erstes Buch des Euklid, mitsamt illustrienden Tafeln; in Ebenholzkasten mit 8 Fächern und Deckelfach
Künstler / Hersteller: unbekannt
Datierung: vor 1720
Objektgruppe:
Geogr. Bezug:
Material / Technik: Holz: Nadelholz, schwarz gebeizt, Papier, Pappe, Metall, Bein
Maße: 22 x 58 x 41,5 cm (Objektmaß)


Katalogtext:
Der altgriechische Mathematiker Euklid lebte wahrscheinlich im dritten vorchristlichen Jahrhundert. Von seinen Arbeiten sind einige bis heute bekannt, wenn auch nur als Kopien von Übersetzungen. Vor allem sein Werk „Elemente“, das aber erst im hohen Mittelalter in arabischsprachigen Bibliotheken „wiederentdeckt“ wurde, sollte großen Einfluss auf die europäische Wissenschaft haben.
Euklids Methodik, mit Axiomen (ein allgemeiner und unbezweifelbarer Grundsatz) und Postulaten (ein hinterfragbarer Grundsatz) zu arbeiten, wurde ab dem Mittelalter in den europäischen Wissenschaften wieder aufgenommen. Sein Werk „Elemente“ (oder „Stoicheia“ auf Griechisch) war Euklids Zusammenfassung der Arithmetik und Geometrie seiner Zeit. Dieses Buch wurde in Europa bis weit in das 19. Jahrhundert hinein als Lehrbuch benutzt, vor allem im angelsächsischen Raum. Das bekannteste Postulat ist das fünfte (das sogenannte Parallelenpostulat) im ersten Buch. Hier definiert Euklid, was Parallelität bedeutet. Lange Zeit beschäftigten sich Mathematiker mit der Frage, ob es sich hierbei um ein Postulat, also einen hinterfragbaren Grundsatz, oder um ein Axiom, also einen unbezweifelbaren Grundsatz, handelt. Erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts fanden János Bolyai (1802–1860) und Nikolai Lobatschewski (1792–1856) heraus, dass es möglich ist, eine widerspruchsfreie Geometrie ohne das Parallelenpostulat zu entwickeln. Die sogenannten nicht-euklidischen Geometrien waren geboren. Wegen ihrer Komplexität und weil sie sich der menschlichen Anschauung nur sehr schwer erschließen, hielt man sie lange Zeit für eine mathematische Spielerei. Die Entdeckung der Relativitätstheorie und ihre praktische Anwendung in der Kosmologie erforderte aber plötzlich nicht-euklidische Geometrien zur Berechnung.

Dieser Setzkasten enthält mehrere Schubladen mit Figuren aus Pappe, die es erlauben, die Postulate und Beweise des ersten Buches der Elemente anschaulich nachvollziehen zu können. Das dazugehörige Buch mit dem Text ist leider nicht mehr erhalten. Seine Opulenz deutet darauf hin, dass dieser Kasten für vermögende Interessenten gemacht worden ist. Möglicherweise handelte es sich um ein Geschenk für Landgraf Carl (1654-1730).

(B. Schirmeier, 2018)



Literatur:
  • Bungarten, Gisela (Hrsg.): Groß gedacht! Groß gemacht? Landgraf Carl in Hessen und Europa. Ausstellungskatalog. Kassel, Museumslandschaft Hessen Kassel. Petersberg 2018, S. 548, Kat.Nr. X.169.


Letzte Aktualisierung: 18.04.2024



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