Hohe Deckelvase mit Herbstlandschaft



Hohe Deckelvase mit Herbstlandschaft


Inventar Nr.: KP B XIII/I.88 (SM 4.1.900)
Bezeichnung: Hohe Deckelvase mit Herbstlandschaft
Künstler / Hersteller: Kakiemon
Datierung: um 1680
Objektgruppe: Gefäß
Geogr. Bezug: Arita
Material / Technik: Porzellan, glasiert und bemalt
Maße: ohne Deckel 36,7 cm (Höhe)
mit Deckel 45,5 cm (Höhe)
30,2 cm (Durchmesser)


Katalogtext:
In den Jahren um 1650 begann Japan mit dem Export mehrfarbiger, auf der Glasur bemalter Porzellane nach Westeuropa. Diese polychrome Malerei mit ihrem milchig weißen Grund faszinierte den Adel und galt als die Vollendung asiatischer Keramikkunst. In den 1680er Jahren erreichte das Kakiemon-Porzellan technisch und stilistisch seinen Höhepunkt. Die Kakiemon-Vase, in dieser Zeit in Arita entstand en, zählt heute zu den bedeutenden Werken japanischer Kunst. Sie ist noch nicht nach westlichen Vorlagen bemalt, sondern ihre herrliche Malerei nach Art einer Querrolle überträgt gekonnt die Kunstfertigkeit und Eleganz der japanischen Pinselmalerei auf das Porzellan.
Auf der Wandung zeigt das Gefäß umlaufend eine groß angelegte Herbstlandschaft mit Bergformationen im Vorder- und Hintergrund und dazwischen liegenden Dunstzonen. Das Laubwerk der Bäume leuchtet in der Farbigkeit des Herbstes, zum warmen Rot des Ahorns tritt das frische Grün der Kiefern und das tiefe Blau anderer Blattkronen. Tief unten verraten Fischernetze, die zum Trocknen aufgehängt sind, dass sich unter der Nebel decke ein See verbirgt. Auf einem entfernten Plateau auf der anderen Seite stehen zwei Holzhäuser, von denen man zu einer Klippe mit einem Pavillon aufäreigen kann. Von dort blickt man über den Dunst hinweg zu der rot zwischen Wolken stehenden Scheibe des Herbstmondes.
Der hohe ästhetische Reiz und der poetische Anspruch der aquarellhaften Landschaftsmalerei, die trotz ihrer Beschränkung auf die wenigen keramischen Farben den ungeschmälerten Eindruck einer großen leuchtenden Herbstlandschaft vermittelt, ist ohne die lange Tradition der chinesischen und japanischen Tuschemalerei, zu deren Kanon auch Gebirgslandschaften wie der „Herbstmond über dem Tung-T’ing See“ zählen, undenkbar. Es ist eine enge Verbindung des unbekannten Malers im Umkreis Kakiemons IV. in Arita zu zeitgenössischen Künstlern der bedeutenden Malschule in Kyoto zu vermuten.
Auf der Vasenschulter und dem gewölbten Deckel liegen zum Herbstthema passend dichte
blaue Blätterranken mit roten Chrysanthemenblüten.
Die Chrysantheme ist die Pflanze des Septembers und Symbol des Herbstes allgemein; sie
vertritt die Tugenden und die Dauer. Den kurzen Hals schmückt ein Blattmuster.
Die Form des hohen Deckeltopfes mit dem shishi-Löwen als Deckelknauf ist aus China übernommen, wo Gefäße dieser Art seit langem als Vorratsbehälter dienten. Die Schiffe der Ostindischen Kompanie transportierten in ihnen bei verschnürtem Deckel Teeblätter. Der japanische Töpfer hat das Gefäß mit vier vertikalen Eintiefungen zum besseren Halt der Schnüre versehen. In Nachahmung der Verschnürung weist der Schultertopf
hier gemalte Schnüre auf, welche die umlaufende Dekorzone vertikal überschneiden und die auf dem gewölbten Deckel in Form einer Schleife zusammengefasst sind.
Ein zweites, höheres Exemplar dieses Typs, das in der ehemals landgräflichen Porzellangalerie mit dieser Vase ein Paar bildete, befindet sich heute im Besitz der Hessischen Hausstiftung, Museum Schloß Fasanerie (AK. Kassel 1990, Nr. 209). Es besitzt ebenfalls die gemalten Schnüre, jedoch nicht die Einschnürungen. Eine Variante dazu, mit den vertikalen Einschnürungen, aber ohne Schnüre. bei dem der Landschaftsdekor über die Gefäßwandung einschließlich der Schulter gelegt ist, befindet sich im Victoria and Albert Museum, London (AK London 1990, Nr. 93), eine weitere im Ashmolean Museum, Oxford (AK. Oxford 1981, Nr. 155). Sie gehen vermutlich der Kasseler Vase voraus, da die Landschaftsabwicklung weniger vollkommen ist. Eine ähnliche Vase halten Figuren in Händen, die im großen Deckenfresko von Giovanni Battista Tiepolo (1753) über dem Treppenhaus der Würzburger Residenz den Kontinent Asien darstellen.
(Ekkehard Schmidberger in: Kat. Kassel 2001)



Literatur:
  • Porzellan aus China und Japan. Die Porzellangalerie der Landgrafen von Hessen-Kassel. 1. Aufl. Berlin 1990, Kat.Nr. 208.
  • Japan und Europa 1543-1929. Berlin 1993, Kat.Nr. 9/2.
  • Schmidberger, Ekkehard; Richter, Thomas; Eissenhauer, Michael [Hrsg.]: SchatzKunst 800-1800. Kunsthandwerk und Plastik der Staatlichen Museen Kassel im Hessischen Landesmuseum. Wolfratshausen 2001, S. 256, Kat.Nr. 112.
  • Eberle, Martin; Ludovico, Fabian; Schürmann, Xenia: Zerbrechliche Geschichten - Die Entwicklung der Keramik. 2022, S. 60, Kat.Nr. 22.


Letzte Aktualisierung: 10.10.2023



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