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20teiliges Teeservice mit Emailmalerei



20teiliges Teeservice mit Emailmalerei


Inventar Nr.: KP B II.407a-p
Bezeichnung: 20teiliges Teeservice mit Emailmalerei
Künstler / Hersteller: Matthäus II Baur (um 1653 - 1728)
Johann Jacob I Priester (um 1660-1726), Emailmalerei, fraglich
Datierung: um 1703
Objektgruppe: Gefäß / Tafelgeschirr / Tafelgerät
Geogr. Bezug: Augsburg
Material / Technik: Silber, gegossen, getrieben, graviert, punziert, ziseliert, vergoldet; Emailmalerei auf Kupfer
Maße: Tablett 2,9 x 51,8 x 38,9 cm (Objektmaß)
Tablett 1840,4 g (Gewicht)
Teekanne 15,2 x 14 x 27,3 cm Tiefe mit Henkel (Objektmaß)
Teekanne 1437,8 g (Gewicht)
Teedose 14,9 x 8,4 x 8,4 cm (Objektmaß)
Fußring 5,5 cm (Durchmesser)
Teedose 422,5 g (Gewicht)
Zuckerbüchse 5,1 cm (Höhe)
Zuckerbüchse 14 cm (Durchmesser)
Zuckerbüchse 500,3 g (Gewicht)
Tassen ohne Gestell 5,7 cm (Höhe)
Tassen 11,8- 12,2 cm (Breite)
Tasse 105,2 g (Gewicht)
Tasse 111,6 g (Gewicht)
Tasse 127,9 g (Gewicht)
136,2 g (Gewicht)
Einsatzgestelle 3,7 cm (Höhe)
Einsatzgestelle 7,5 cm (Durchmesser)
Einsatzgestell 67,1 g (Gewicht)
Einsatzgestell 67,2 g (Gewicht)
Einsatzgestell 69,4 g (Gewicht)
Einsatzgestell 70,1 g (Gewicht)
Schalen 2,2 x 14,3 x 14,3 cm (Objektmaß)
Schale 242,7 g (Gewicht)
Schale 261 g (Gewicht)
Schale 262 g (Gewicht)
Schale 264,4 g (Gewicht)
Gabeln 1 x 1,6 x 11,1 cm (Objektmaß)
Löffel 1 x 2,6 x 11,4 cm (Objektmaß)
Gabel 15,4 g (Gewicht)
Gabel 15,6 g (Gewicht)
Gabel 16,1 g (Gewicht)
Gabel 17,5 g (Gewicht)
Löffel 18,9 g (Gewicht)
Löffel 19,1 g (Gewicht)
Löffel 19,2 g (Gewicht)
Löffel 22,2 g (Gewicht)
Tasse mit Gestell 7,2 cm (Höhe)
Beschriftungen: BZ: Pyr für Augsburg, um 1690-1703 (Archiv Augsburger Goldschmiedekunst, Nr. 148*)
MZ: MB im Queroval für Matthäus Baur (Seling 1980, Nr. 1776)


Katalogtext:
Das mit feinster Emailmalerei überzogene Prunkgeschirr gehört zu den erlesensten kunsthandwerklichen Arbeiten, die in Augsburg – zu Beginn des 18. Jahrhunderts Zentrum der hochkarätigen Goldschmiedekunst und der Emailmalerei – hervorgebracht wurden. Die Reichsstadt mit ihren hochspezialisierten Goldschmiedewerkstätten spielte auch in der Entwicklung solcher silbernen Teeservice eine zentrale Rolle. Als Hauptlieferanten der europäischen Fürstenhöfe mussten die Augsburger Werkstätten nicht nur in der handwerklichen Qualität höchsten Ansprüchen genügen, sondern auch die modischen Neigungen ihrer anspruchsvollen Abnehmer erfüllen. Als ab etwa Mitte des 17. Jahrhunderts die exotischen Luxusgetränke Tee, Kaffee und Schokolade in Europa Verbreitung fanden, galt es für die bislang unbekannten exotischen Getränke neue Gefäßtypen zu entwickeln. Da das Geheimnis der Herstellung des kostbaren Porzellans in Europa noch unbekannt war, musste zur Herstellung der neuen Trinkgeschirre auf die repräsentativen und den Status der fürstlichen Benutzer widerspiegelnden Edelmetalle Silber und Gold zurückgegriffen werden. Zwar orientierte man sich bei der Formenfindung durchaus an den ostasiatischen Vorbildern, wie etwa bei Teekannen, doch ist die Ausbildung ganzer zusammengehöriger Service eine europäische Entwicklung.
Zu den kostbaren und repräsentativen Augsburger Emailgeschirren gehört auch das kunstvoll gearbeitete Teeservice in Kassel, laut Inventareintrag aus dem Jahr 1827 (Inventar Völkel 1827, BII, Nr. 407) ein Geschenk König Georgs II. von England und Kurfürst von Hannover (1683–1760) an Landgraf Wilhelm VIII. von Hessen-Kassel. Der Austausch von Geschenken war unter den europäischen Fürstenhöfen der Frühen Neuzeit ein fest etabliertes und unverzichtbares Mittel der politischen Kommunikation. Denn prestigeträchtige Geschenke dienten nicht nur der Ehrung des Beschenkten, sondern immer auch dem Ansehen des Schenkenden. Der konkrete Schenkungsanlass des Kasseler Teeservices ist heute unbekannt, doch werden zwei Gelegenheiten vermutet: der Besuch König Georgs II. in Kassel anlässlich der Besichtigung der hessischen Truppen im Jahr 1729 und die Heirat Friedrichs, Sohn und Nachfolger Landgraf Wilhelms VIII., mit Prinzessin Maria von Großbritannien, Tochter des englischen Königs, im Jahr 1740. Die Motive der Emailmalerei würden für letztere Gelegenheit sprechen, schmücken doch die Teekanne vier Szenen aus dem Hochzeitsgedicht „Der reisende Cupido“ von Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau (1616–1676). Die Malereien der weiteren Serviceteile zeigen, neben Allegorien der vier Elemente und der Jahreszeiten, mythologische Szenen, arkadische Landschaften, Seestücke und Hafenansichten, aber auch Christus als guten Hirten. Die – zum intellektuellen Vergnügen der höfischen Gesellschaft – in einem subtilen Spiel aufeinander Bezug nehmenden Darstellungen scheinen thematisch frei miteinander kombiniert, verweisen jedoch alle auf das Thema des „Goldenen Zeitalters“, jenes schon in der antiken Vorstellung ideale Zeitalter ohne Krieg, Krankheit und Not, dessen Darstellung die vergoldete Servierplatte schmückt.
Für den Gebrauch zu wertvoll, diente das Teeservice vermutlich in erster Linie als Schaustück der fürstlichen Repräsentation. Dafür spricht auch ein Inventar-Nachtrag aus dem Jahr 1780: „Nach wiederhergestelter voriger Ordnung ist auch das Teeservice von Augsburger Email, welches sonst auf einem besonderen Tischchen im Pretiosenzimmer gestanden hatte, und in einem Futteral verwahrt war, in den Pretiosenschrank gestellt worden“ (Inventar B II franz., Nr. 495, Nachtrag).
(Stefanie Cossalter-Dallmann in: Kat. Kassel 2016)



Literatur:
  • Lenz, A.: Führer durch den Unterstock der neuen Bildergalerie zu Kassel von A. Lenz, Königlichem Museums=Inspector, S. 12, Kat.Nr. 407.
  • Dreier, Franz-Adrian: Zur Geschichte der Kasseler Kunstkammer. In: Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde. 72 (1961b), S. 123-142, S. 136.
  • Watzdorf, Erna von: Johann Melchior Dinglinger. Der Goldschmied des deutschen Barock. Berlin 1962, S. Bd.1, 105-105, 111, 114, Kat.Nr. 113,127.
  • Link, Eva-Maria: Ullstein Silberbuch. Eine Kunst und Kulturgeschichte des Silbers. Frankfurt a. M./ Wien 1968, S. 172.
  • Link, Eva-Maria: Die Landgräfliche Kunstkammer Kassel. In: Jahresgabe der Hessischen Brandversicherungsanstalt für 1975 (1974), S, Kat.Nr. 28 f.
  • Seling, Helmut: Die Kunst der Augsburger Goldschmiede 1529-1868. In: Meister, Marken, Werke. 3 Bde. (1980), S, S. Bd. 1, 128,228, Kat.Nr. Bd. 3 1176h.
  • Boeckh,Hans: Barocke Lyrik im Bild oder Cupido zu Tee kam. Beobachteungen zum Schmelzfarbendekor an Augsburger Teeservicen. In: Kunst & Antiquitäten (1992), S. 54-59, S. 57, Kat.Nr. 6-7,9.
  • Seelig, Lorenz: Die Kunst der Augsburger Goldschmiede im Dienste höfischer Repräsentation. In: AK München 1994 Bd.1 (1994), S. 32-36, S. 403-407,421.
  • Weinhold, Ulrike: Emailmalerei an Augsburger Goldschmiedearbeiten von 1650 bis 1750. In: Bayerisches Nationalmuseum München, Forschungsheft (2000), S, S. 215-216, Kat.Nr. 28.
  • Schmidberger, Ekkehard; Richter, Thomas; Eissenhauer, Michael [Hrsg.]: SchatzKunst 800-1800. Kunsthandwerk und Plastik der Staatlichen Museen Kassel im Hessischen Landesmuseum. Wolfratshausen 2001, S. 300, Kat.Nr. 134.
  • Schütte, Rudolf-Alexander: Die Silberkammer der Landgrafen von Hessen-Kassel. Bestandskatalog der Goldschmiedearbeiten des 16. bis 18. Jahrhunderts in den Staatlichen Museen Kassel. Kassel / Wolfratshausen 2003, S. 26, 338-353, Kat.Nr. 79.
  • Scherner, Antje [Bearb.]; Cossalter-Dallmann Stefanie [Bearb.]: Aus der Schatzkammer der Geschichte. Vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert. Petersberg 2016, S. 150, Kat.Nr. 66.


Letzte Aktualisierung: 10.10.2023



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