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Bildnis Papst Leo X.



Bildnis Papst Leo X.


Inventar Nr.: GK 1007
Bezeichnung: Bildnis Papst Leo X.
Künstler / Hersteller: unbekannt, Maler/in
Dargestellt: Leo X. Papst (1475 - 1521), Dargestellt
Datierung: um 1513 - 1521
Objektgruppe: Gemälde
Geogr. Bezug: Norddeutschland
Material / Technik: Eichenholz
Maße: 35,8 x 25,7 cm (Bildmaß)
44,5 x 34,2 x 4,5 cm mit Rahmen (Objektmaß)
Beschriftungen: Babst Leo der zehend stirbt Ano 1521


Katalogtext:
Giovanni de‘ Medici (1475-1521), der 1513 als Leo X. den Stuhl Petri bestieg, ist im Profil nach links dargestellt. Das markante, mit kräftiger Nase und fleischigen roten Lippen fast karikaturhaft überzeichnete Profil hebt sich in scharfen Umrisslinien vor dunkelblauem Grund ab. Den unteren Bildabschnitt bildet eine Marmor imitierende Brüstung.

Während die protestantisch geprägte Geschichtsschreibung (z.B. Leopold von Ranke) in Leo vor allem einen den Sinnenfreuden zugeneigten Papst sah, strebt die historische Forschung der letzten Jahrzehnte den Versuch einer differenzierteren Sicht an. Leo X. gilt als einer der wirkungsvollsten Kunstmäzene zu Beginn des 16. Jahrhunderts in Rom und beschäftigte Künstler wie Michelangelo und Raffael. Zur Finanzierung der zahlreichen Bauprojekte in Rom forcierte Leo den Ablasshandel, was zunehmend zu Unmut führte. Gegen ihn und die römische Amtskirche richtete sich dann auch Luthers Kritik und Spott. Anfangs noch in der Tragweite nicht richtig eingeschätzt und als „Mönchsgezänk“ abgetan, belegte der Papst schließlich 1521 Luther, der im Jahr zuvor die päpstliche Bannandrohungsbulle öffentlich verbrannt hatte, mit dem Kirchenbann. Auch in die Reichspolitik mischte sich der Papst ein und drängte nach dem Kaiser Maximilians im Jahre 1519 Kurfürst Friedrich den Weisen zur Königswahl als Gegenkandidaten des spanischen Habsburgers Karl I., was dieser jedoch ablehnte.

Das Kasseler Gemälde ist bislang kaum beachtet worden und wurde einem unbekannten Tiroler Meister des 16. Jahrhunderts zugeschrieben. Die fast karikierende Darstellung des Pontifex erinnert an einen Holzschnitt eines unbekannten Meisters in Nürnberg. Vergleichbar sind zudem die Profilbildnisse von Daniel Hopfer. Schließlich ist noch auf einen Giovanni Antonio da Brescia zugeschriebenen Kupferstich in Dresden hinzuweisen. Diese oder ähnliche Graphiken dürften die Vorlage für das Gemälde geliefert haben, über dessen Entstehungskontext wir leider nicht informiert sind.

Erst aus späterer Zeit liegen Kenntnisse zur Präsentation des Werkes vor. Es ist dabei nicht ohne Ironie, dass die erste Erwähnung des Gemäldes in den Kasseler Sammlungen, das Inventar des unter Landgraf Friedrich II. eingerichteten Museum Fridericianum, das Gemälde im „Armatur- und Wachszimmer“ in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem Porträt Martin Luthers auflistet (GK 1028). So ist anzunehmen, dass beide Gemälde direkt nebeneinander hingen und somit ein Beispiel für die Historisierung oder sogar Musealisierung der Reformation im späten 18. Jahrhundert bilden. Neben den beiden Porträts befanden sich zudem noch Bildnisse des französischen Königs Franz I. und Huldrych Zwinglis, die jedoch beide in napoleonischer Zeit verloren gingen. Ob der Übertritt Landgraf Friedrichs II. zum katholischen Glauben für die Art der Präsentation eine Rolle gespielt haben könnte, ist nicht bekannt.
(J. Lange, 2015)



Quellen:
Inventarium über das Armatur- und Wachszimmer 1780 (?), Nr. 17

Literatur:
  • Schneckenburger-Broschek, Anja: Die altdeutsche Malerei. Kassel, Staatliche Kunstsammlungen Kassel 1982, S. 40, 69.
  • Carrasco, Julia [Redaktion,Lektorat]; Lange, Justus [Redaktion, Lektorat]: Bild und Botschaft. Cranach im Dienst von Hof und Reformation. Ausstellung Stiftung Schloss Friedenstein Gotha, Herzogliches Museum, 29.3-19.7.2015 / Museumslandschaft Hessen Kassel, Gemäldegalerie Alte Meister, Schloss Wilhelmshöhe 21.8.-29.11.2015. Heidelberg 2015, S. 110.


Letzte Aktualisierung: 02.11.2023



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