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Himmelsglobus



Himmelsglobus


Inventar Nr.: APK A 9
Bezeichnung: Himmelsglobus
Künstler / Hersteller: unbekannt
Datierung: 2. H. 16. Jh./Anfang 17. Jh. (?)
Objektgruppe: Astronomisches Instrument
Geogr. Bezug:
Material / Technik: Messing (teils vergoldet), Silber (?), Eisen
Maße: mit Stativ 140 mm (Höhe)
Kugel 70 mm (Durchmesser)


Katalogtext:
Detailbeschreibung:
Der Himmelsglobus besteht aus einem vierfüßigen Gestell mit Horizontring und der herausnehmbar gelagerten Himmelskugel mit Meridianring (4 x 90°-Skala). Auf der verlängerten Polachse befindet sich ein Zifferblatt mit italienischer Stundeneinteilung (2 x 12h-Blatt). Der Himmelsglobus enthält die klassischen 48 Sternbilder des ptolemäischen Sternkatalogs. Das Sternbild Leier ist in der Tradition der Sternbilddarstellungen Albrecht Dürers als Raubvogel abgebildet, allerdings mit einer Leier als Körper. Auffällig ist die eher unübliche Bezeichnung „Agitator“ für das Sternbild Fuhrmann. Sie findet sich auch auf dem kupfernen Rechenglobus. Die Nordhalbkugel des Globus weist einige unschöne matte Stellen und dunkle Flecke im Bereich der Sommer- und Herbststernbilder auf (siehe Abb. 2). Das Gestell des Globus ist rankenverziert. Der Horizontring liegt auf den Rücken von vier vogelähnlichen Wesen auf. Er beinhaltet drei verschiedene Anzeigen. Die innerste 4 x 90°-Skala gibt den Azimut wieder. Der Meridianring schneidet den Horizontring jeweils in 90° Süd und 90° Nord. Die mittlere Skala zeigt die Hauptwindrichtungen (Boreas, Greco, Eurus, Syrocho, Auster, Lebecchio, Favonius und Magistralis) an, die äußerste die Haupthimmelsrichtungen (Septentrio, Oriens, Meridies, Occidens). Bei der Bezeichnung der Hauptwindrichtungen werden die Namen der italienischen Hauptwindrichtungen mit den entsprechenden Namen der klassischen römischen Tradition gemischt.

Kontext:
Der Globus ist im Inventar von 1644 nicht verzeichnet. Auch sonst sind keine Aufzeichnungen bekannt, die eine eindeutige Datierung möglich machen würden und den Kontext seiner Herstellung klären könnten. Das Fehlen der neu entdeckten Südsternbilder sowie das allgemeine Erscheinungsbild sprechen für eine Herstellung deutlich vor 1600. In einem Schreiben Wilhelms IV. an den Goldschmied Wolff Meyer vom April 1575 ist von einem kleinen silbernen Globus die Rede, der gesäubert werden soll. Die matten Stellen auf diesem Globus könnten tatsächlich das Ergebnis einer unglücklichen Säuberung sein. Die daraus folgende Datierung auf einen Zeitraum vor 1575 würde auch zu der Darstellung des Sternbilds Leier als einer Mischung von Raubvogel und Musikinstrument passen. Bürgis erster mechanischer Himmelsglobus von 1580 zeigt nämlich exakt dasselbe Motiv. Auf allen späteren Bürgi-Globen ist das Sternbild Leier in Form eines Saiteninstrumentes dargestellt.

(K. Gaulke, 2018)



Literatur:
  • Karsten Gaulke (Bearb.): Der Ptolemäus von Kassel. Landgraf Wilhelm IV. von Hessen-Kassel und die Astronomie. Kassel 2007, S. 196.


Letzte Aktualisierung: 09.05.2022



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