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Messtisch für die Fortifikation, mit Stativ



Messtisch für die Fortifikation, mit Stativ


Inventar Nr.: APK E 75
Bezeichnung: Messtisch für die Fortifikation, mit Stativ
Künstler / Hersteller: unbekannt
Datierung: Anfang 18. Jh.
Objektgruppe: Geodätische Instrumente
Geogr. Bezug:
Material / Technik: Matall: Messing, Eisen; Holz, furniert, zum Teil blattvergoldet.
Maße: Tischblattgrösse x 470 x 350 mm (Objektmaß)
Gesamthöhe 127,5 cm (Höhe)
ca. 120 x 60 x 70 cm Volumenmaß für Vitrine (Objektmaß)


Katalogtext:
Vermutlich als Demonstrationsgerät für das Aufzeigen von Meßverfahren im Festungsbau genutzt worden, zur Darstellung der prinzipiellen Möglichkeit, Horizontal- und Vertikalwinkel direkt auf einen Meßtisch einzutragen; von auffällig edler Ausstattung, mitsamt angedeutetem Festungsgrundriß auf dem Meßtisch, und mit drei Alhidaden. Mit höhenverstellbarem Stativ; dieses von vergleichbar opulenter Ausführung. Auf der Grundplatte Skala in 30' ausgeführt, Teilung als 1x180° außen im Uhrzeigersinn, innen im Gegenuhrzeigersinn; abgelesen wird, über einen Indexarm, die Ausrichtung der sich oberhalb der Grundplatte befindenden mittleren Alhidade, Ablesegenauigkeit ca. 15'. Die gesamte höhenverstellbare Visiereinrichtung ist mit der Grundplatte über ein Zahnrad verbunden, letzteres mit Skala von 1x160°, beginnend von der Grundplatte aus bei 0° und bis 160° reichend; eine horiziontale Einstellung der Visiereinrichtung äußert sich auf der Zahnradskala also als 90°, was für geometrische Höhenmessung ein unnötig kompliziertes Verfahren darstellen würde und darauf hindeutet, daß dieses Gerät wohl eher für Meßtischzwecke erbaut worden ist. Die beiden äußeren Alhidaden jeweils mit einer 1x90° Skala, beidseitig von der Mitte ausgehend. Sämtliche drei Alhidaden zudem wohl einzeln höhenverstellbar doch dabei ohne Vertikalskala, je mit Visierloch und Visierstift; die mittlere besitzt unterhalb des Visierstifts zusätzlich einen Balken, dessen Ränder gleichzeitig die 0° der beiden äußeren Alhidaden markieren. Nicht signiert. Datierung basiert auf dem bekannten Interesse von Landgraf Carl an mit solchen Geräten durchführbaren Aufgaben des Festungsbaus. In der Ausstellung bezeichnet als 'Meßtisch zur Einmessung von Bastionen' einer Festung; vgl. hierzu auch den nachfolgenden Text von BjS (PSch, 2018)


Dieser reich ornamentierte und zweckmäßig ausgestattete Messtisch ist wahrscheinlich nie im Gelände eingesetzt worden. Es handelt sich um ein fürstliches Instrument, das durch seine Opulenz bestechen sollte, aber zu empfindlich für den Außeneinsatz war.

Auch wenn sich keine Berichte oder Quellen erhalten haben, die uns Auskunft geben können über den Hersteller, Entstehungszeitraum oder den geplanten Zweck, lassen sich einige Vermutungen darüber anstellen. Mit den beiden Quadranten zur Winkelmessung und den drei Armen mit Visierpunkten an ihren Enden eignet sich das Gerät zum Einmessen eines Bauplanes im Gelände. Das ist besonders bei Gebäuden, die große Flächen einnehmen, sehr hilfreich, um auf diese Weise die Punkte und Linien im Gelände zu markieren, an denen gegraben werden muss. Besonders wichtig war das für den Typus der sogenannten polygonalen Festung. Er wurde entwickelt, um den immer besser werdenden Kanonen ein neuartiges Befestigungssystem entgegenhalten zu können. Derartige Festungen stellten große Anlagen mit vorspringenden Bastionen dar, die auch um Städte herum erbaut wurden. Sehr charakteristisch waren dreieckige Vorsprünge, die tote Winkel vermeiden sollten, in denen Angreifer vor dem Feuer der Verteidiger Schutz suchen konnten.

Es ist unbekannt, ob dieser Messtisch von Landgraf Carl (1654-1730) erworben oder beauftragt wurde, aber er verdeutlicht das damalige herrschaftliche Interesse, das eigene Territorium verteidigen zu können. (B. Schirmeier, 2018)



Literatur:
  • Bungarten, Gisela (Hrsg.): Groß gedacht! Groß gemacht? Landgraf Carl in Hessen und Europa. Ausstellungskatalog. Kassel, Museumslandschaft Hessen Kassel. Petersberg 2018, S. 544, Kat.Nr. X.162.


Letzte Aktualisierung: 18.04.2024



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