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Bankett in einer Parklandschaft bei einem Schloß



Bankett in einer Parklandschaft bei einem Schloß


Inventar Nr.: GK 211
Bezeichnung: Bankett in einer Parklandschaft bei einem Schloß
Künstler / Hersteller: Adriaen van de Venne (1589 - 1662), Maler/in
Datierung: 1617
Objektgruppe: Gemälde
Geogr. Bezug:
Material / Technik: Öl
Maße: 12,6 x 17,8 cm (Bildmaß)
25,1 x 29,8 x 3,2 cm (Objektmaß)
Provenienz:erworben vor 1783 durch Friedrich II.


Katalogtext:
Eine vornehme Gesellschaft hat sich in einer weiten Parklandschaft vor einem Schloss zu einem Festmahl zusammengefunden. Unter einem großen Baum im Vordergrund des Bildes ist eine Tafel mit allerlei Speisen reich gedeckt. Während die Gäste sich an den Leckereien erfreuen und ein rot gewandeter Mundschenk kunstvoll eine Schale mit Wein füllt, beginnt ein Paar zu tanzen. Eine Gruppe Musikanten hat aufgespielt, und ein weiteres Paar ist dabei, sich dem Tanz anzuschließen. Im Hintergrund setzt sich der müßiggängerische Zeitvertreib beim Flanieren und bei einem Ballspiel fort, am Waldrand zur linken Seite wird gejagt und gefischt.
Feste der höheren Gesellschaft, hier angesiedelt im höfischen Milieu, sind als Thema in der niederländischen Malerei häufiger zu finden. Dabei werden die Ausschweifungen bei Musik und Tanz nicht selten moralisch konnotiert. So spielt auch im vorliegenden Werk eine kleine Szene im Hintergrund auf die biblische Parabel des „Verlorenen Sohnes“ an, der sein Erbe verprasst (Lukas 15, 11-23). Im Gemälde wird der verschwenderische Sohn mit hocherhobenem Besen aus einem Garten verjagt. Dies kann als moralisierender Kommentar zu dem ausschweifenden Lebensstil der sich im Vordergrund vergnügenden Herrschaften gelesen werden. Möglicherweise bietet auch das Ballspiel einen hintersinnigen Bezug, da sich hier, wie im Leben, das Glück schnell wenden kann.

Das kleinformatige Kabinettbild wurde im Jahr 1617 von dem holländischen Künstler Adriaen van de Venne auf Kupfer ausgeführt, einem Material, das sich besonders gut für die feine, miniaturhafte Malerei eignet. Das Kasseler Gemälde folgt in der Darstellung zwei Werken des Künstlers, die in den Jahren 1614/15 entstanden sind (J. Paul Getty Museum, Malibu) und ebenfalls das Thema höfischer Vergnügungen im Park mit unterschiedlichen symbolischen Anspielungen erzählerisch kombinieren (Suchtelen 1989).

Interessanterweise war van de Venne nicht nur ein erfolgreicher Maler, sondern auch Poet. Eines seiner überlieferten Gedichte verknüpft gleichfalls eine Gartendarstellung mit einem theologischen Bezug (Ausst. Kat. Hamm/Mainz 2000/01, S. 321, Nr. 128). Dieses Wechselspiel unterschiedlicher Sinnebenen ist typisch für das 16. und 17. Jahrhundert und fordert den Betrachter auf, die Verweise selbständig zu erschließen und zu deuten.
(T. Trümper, 2011)



Literatur:
  • Causid, Simon: Verzeichnis der Hochfürstlich-Heßischen Gemälde-Sammlung in Cassel. Kassel 1783, S. 218, Kat.Nr. 111.
  • Robert, Ernst Friedrich Ferdinand: Versuch eines Verzeichnisses der kurfürstlich hessischen Gemälde-Sammlung. Kassel 1819, S. 36, Kat.Nr. 213.
  • Robert, Ernst Friedrich Ferdinand: Verzeichniß der Kurfürstlichen Gemählde-Sammlung. Cassel 1830, S. 41-42, Kat.Nr. 245.
  • Auszug aus dem Verzeichnisse der Kurfürstlichen Gemälde-Sammlung. Kassel 1845, S. 27-28, Kat.Nr. 245.
  • Aubel, L.; Eisenmann, Oscar: Verzeichniß der in der Neuen Gemälde-Galerie zu Cassel befindlichen Bilder. 2. Aufl. Kassel 1878, S. 24, Kat.Nr. 245.
  • Eisenmann, Oscar: Katalog der Königlichen Gemälde-Galerie zu Cassel. Nachtrag von C. A. von Drach. Kassel 1888, S. 127, Kat.Nr. 192.
  • Voll, Karl: Die Meisterwerke der königlichen Gemälde-Galerie zu Cassel. München 1904.
  • Gronau, Georg: Katalog der Königlichen Gemäldegalerie zu Cassel. Berlin 1913, S. 74, Kat.Nr. 211.
  • Gronau, Georg; Luthmer, Kurt: Katalog der Staatlichen Gemäldegalerie zu Kassel. 2. Aufl. Berlin 1929, S. 87, Kat.Nr. 211.
  • Luthmer, Kurt: Staatliche Gemäldegalerie zu Kassel. Kurzes Verzeichnis der Gemälde. 34. Aufl. Kassel 1934, S. 20, Kat.Nr. 211.
  • Vogel, Hans: Katalog der Staatlichen Gemäldegalerie zu Kassel. Kassel 1958, S. 166, Kat.Nr. 211.
  • Plietzsch, Eduard: Holländische und Flämische Maler des XVII. Jahrh. Leipzig 1960, S. 94 Anm. 1.
  • Royalton-Kisch, Martin: Adriaen van de Venne's Album in the Department of Prints and Drawings in the British Museum. London 1988, S. 178.
  • Bol, L. J.: Een Middelburgse Brueghelgroep VII. Adrian Pietersz. van de Venne. Schilder en Teyckenaer. In: Oud Holland. Driemaandelijks Tijdschrift voor Nederlandse Kunstgeschiedenis 73 (1958), S, S. 64, 76 Anm. 61/1, Kat.Nr. 76.
  • Schnackenburg, Bernhard: Gemäldegalerie Alte Meister Gesamtkatalog. Staatliche Museen Kassel. 2 Bde. Mainz 1996, S. 305-306.
  • Savoy, Bénédicte: Patrimoine annexé: Les biens culturels saisis par la France en Allemagne autour de 1800. Paris 2003, S. 138, Kat.Nr. 321.
  • Lange, Justus u. a.: Dialoge. Barocke Meisterwerke aus Darmstadt zu Gast in Kassel. Petersberg 2011, S. 94, Kat.Nr. 27.


Letzte Aktualisierung: 20.09.2023



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