|<<   <<<<   3 / 3   >>>>   >>|

Tafel mit Eidechse und Insekten



Tafel mit Eidechse und Insekten


Inventar Nr.: KP B X.61b
Bezeichnung: Tafel mit Eidechse und Insekten
Künstler / Hersteller: Hendrik Busch (tätig 1. Viertel 18. Jahrhundert)
Datierung: 1703
Objektgruppe: Mosaik / Comesso di Pietre Dure / Scagliola
Geogr. Bezug: Leeuwarden
Material / Technik: Scagliola
Maße: 26 x 21,4 x 1 cm (Objektmaß)
Beschriftungen: Signatur: Busch. M.D:C.C.I.I.I.


Katalogtext:
Die Tafeln mit Eidechsen und Insekten imitieren Einlegearbeiten aus Stein (sog. Pietra dura). Dargestellt ist jeweils ein schlichter Tisch auf dem eine Eidechse die sie umgebenden Raupen, Spinnen, Schmetterlinge, Fliegen, Falter und Libellen aufmerksam beobachtet. Während das kleine Reptil leicht unterlebensgroß wiedergegeben ist, erreichen sämtliche Insekten Originalgröße und sind in ihren morphologischen Besonderheiten wie der Zeichnung der Flügel oder der Behaarung minutiös erfasst. So lassen sich ein Kohlweißling, ein Admiral und eine dunkle Erdhummel (KP B X.61b), ein Blutströpfchen, ein Tagpfauenauge, eine gemeine Eintagsfliege, ein Distelfalter, ein Admiral mit zusammengelegten Flügeln, eine Winkelspinne und vermutlich die Raupe eines Baumweißlings (KP B X.61a) identifizieren (frdl. Hinweise Anne Becker).

Für seine Bilderfindung dürfte sich Busch an Insektendarstellungen orientiert haben, wie sie Jacob Hoefnagel (1575-1630) bereits zu Beginn des 17. Jahrhunderts in seinen Stichwerken verbreitet hatte. Auch zahlreiche Arbeiten Maria Sybilla Merians (1647-1717), etwa das "Stilleben mit Früchten, Kirschblütenzweig und Schmetterlin" (Kupferstichkabinett Berlin) weisen in der Bilderfindung oder der Art der Insektendarstellung Parallelen zu Buschs Tafeln auf. Dieser bewegte sich künstlerisch somit in einem Bereich der Stilllebenmalerei, der seit Beginn des 17. Jahrhunderts wachsende Verbreitung fand und von zahlreichen, heute zumeist weniger bekannten Künstlern ausgeübt wurde.

Mit der Wiedergabe klar umrissener farbiger Körper vor einem undefinierten schwarzen Hintergrund und durch die glänzende Politur der Oberfläche spielt Busch auf Merkmale des sog. Florentiner Mosaiks an. Dort werden verschiedenfarbige Marmorsorten zu Bildern kombiniert, in eine schwarze Trägerplatte integriert und ebenfalls glänzend poliert. Die bei Steinintarsien unerreichbare Feinheit der Details und das gänzliche Fehlen von Fugen entlarven die vermeintlichen Pietra-dura-Tafeln jedoch als Stucco-lustro-Arbeiten, einer Technik die Busch hier in Abwandlung einsetzt: Die Platten bestehen aus Stuck-Gips, der mit einer dünnen schwarzen Gipsschicht überzogen ist. Die Formen der Tiere und Gegenstände wurden in den schwarzen Grund eingetieft und mit farbigen Gipsmassen flächig ausgefüllt. Anschließend grub Busch kleinste Vertiefungen in die Oberfläche, die er mit farbigen Massen füllte, wodurch feine Details, etwa der Schmetterlingsflügel, entstanden. Offenbar malte er aber auch nass in nass auf den Gips, so dass die Farbe mit dem Träger aushärtete und polierfähig wurde (frdl. Hinweise Anne Becker).

Busch signierte und datierte beide Werke auf der Vorderkante der grauen Tischplatte im Bild. Im Jahr 1703 entstanden, zählen sie zu den frühsten Arbeiten des in Leeuwarden (Friesland) tätigen Malers, über dessen Leben und Wirken ansonsten wenig bekannt ist. In Kassel lassen sich 1747 bereits neun Tafeln von Busch im Kunsthaus nachweisen, und zwar in der sog. Medaillen Cammer (Inventar von den im Kunsthaus befindlichen Schildereien, 1747, S. 4, Nr. 7-15, frdl. Hinweis Cornelia Weinberger). Dort wurden sie zusammen mit gemalten Blumenstücken anderer Künstler ausgestellt. Zwar verzeichnet das Inventar die Tafeln als "auf gips gemahlt auf die maniere als eingelegter stein", was belegt, dass die Pietra dura-Imitation erkannt wurde. Aber anders als die Bildthematik diente diese Materialnachahmung nicht als Ordnungskriterium für deren Präsentation. Die eigentlichen Werke "florentinischer Arbeit" wurden zusammen mit weiteren Steinschnittarbeiten an anderer Stelle im Kunsthaus ausgestellt.
Antje Scherner



Inventare:
  • Weinberger Cornelia: Inventarium von denen in dem königl. hfrstl. kunsthaus befindlichen schildereien, rissen, zeichnungen, kupferstichen und sonstigen sachen, welche in dem summarischen inventario de a° 1744 [...] nicht enthalten. Kassel 1747, S. 4, Nr. 13-15.
Literatur:
  • Neumann, Erwin: Materialien zur Geschichte der Scagliola. In: Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen Wien 55 (1959), S. 76-158.
  • Horbas, Claudia: Marmorstuck und Scagliola. Von kunstvollen Werkstoffen und ihren Rezepturen. In: Weltkunst 67 (1997), S. 691 - 698, S. 696.
  • Schmidberger, Ekkehard; Richter, Thomas; Eissenhauer, Michael [Hrsg.]: SchatzKunst 800-1800. Kunsthandwerk und Plastik der Staatlichen Museen Kassel im Hessischen Landesmuseum. Wolfratshausen 2001, S. 312, Kat.Nr. 140.
  • Lange, Justus; Carrasco, Julia: Kunst und Illusion. Das Spiel mit dem Betrachter. Petersberg 2016, S. 148, Kat.Nr. 50.


Letzte Aktualisierung: 19.01.2023



© Hessen Kassel Heritage 2024
Datenschutzhinweis | Impressum