Die singenden Knaben



Die singenden Knaben


Inventar Nr.: GK 215
Bezeichnung: Die singenden Knaben
Künstler / Hersteller: Frans Hals (1582/1583 - 1666), Maler/in
Dargestellt: unbekannt, Dargestellt
Datierung: um 1623 - 1627
Objektgruppe: Gemälde
Geogr. Bezug:
Material / Technik: Leinwand
Maße: 66,8 x 52,1 cm (Bildmaß)
116 x 102 x 11,5 cm mit RSS (Rahmenmaß)
Provenienz:Erworben wahrscheinlich 1751 vom preußischen Commercien-Rat Jacques Triebel


Katalogtext:
Auf dem Gemälde von Frans Hals sind zwei Jungen vor einem Tisch dargestellt, auf dem ein aufgeschlagenes Notenbuch und weitere Bücher liegen. Der ältere Junge hält eine Laute in der linken Hand und gibt mit der rechten Hand den richtigen Ton vor, während der jüngere Junge hinter ihm aufmerksam folgt.
Bei dieser vermeintlich alltäglichen Szene zweier singender Knaben handelt es sich in Wirklichkeit um eine allegorische Darstellung der Musik oder, noch allgemeiner, des Hörsinns. Mit dem gemeinsamen Musizieren der beiden Kanben verbindet Frans Hals in seiner Malerei das Ideal der Harmonie. Der ältere Junge, der dem Jüngeren das richtige Singen beibringt, führt diese Szene auch zu einer Darstellung von Bildung. Das Infrarotfoto zeigt, dass das Licht in Hals‘ Gemälde ursprünglich von oben links herabkam und einen deutlichen Schatten auf der Rückseite der Wand hinterließ. Dies zeigt sich auch in einer von Grimm herausgegebenen Atelierfassung, die zweifellos Vorbild für einen Schabkunstdruck von Wallerant Vaillant war. Bei dem Gemälde in Kassel wurde der Schatten übermalt und die Komposition erhält eine viel wärmere Lichtstimmung. Während nicht klar ist, ob dies von Hals selbst oder von einem späteren Künstler gemacht wurde, handelt es sich bei der anderen auf dem Infrarotfoto sichtbaren Veränderung offensichtlich um ein Pentimento: Ursprünglich trug der ältere Junge zwei größere Federn an seinem Hut, die an die riesigen Federn erinnern, die auf vielen abgebildet sind caravaggeske Gemälde, die den Figuren eine fantastischere oder sogar exotischere Note verleihen.
Möglicherweise war das Gemälde ursprünglich Teil einer Serie, die die fünf Sinne darstellt. Die „Zwei lachenden Jungen mit einem Bierkrug“ (Sammlung Hofje van Aerden, Leerdam) mit einer ähnlichen Komposition, die etwa zur gleichen Zeit datiert werden kann, könnten zu dieser Serie gehören. Die übrigen Werke sind vermutlich verschollen oder nur durch Kopien bekannt.

Seymour Slive datierte das Gemälde um 1623/25, während Claus Grimm für ein etwas späteres Datum um 1627 plädiert. Jedenfalls scheint es, dass die raue und skizzenhafte Art des Gemäldes, insbesondere in den Händen, überzeugender mit Werken um 1625–27 in Verbindung gebracht werden kann.
(J. Lange, 2014)



Inventare:
  • Catalogue des Tablaux. Kassel 1749, S. 56, Nr. 623.
Literatur:
  • Causid, Simon: Verzeichnis der Hochfürstlich-Heßischen Gemälde-Sammlung in Cassel. Kassel 1783, S. 57, Kat.Nr. 75.
  • Robert, Ernst Friedrich Ferdinand: Versuch eines Verzeichnisses der kurfürstlich hessischen Gemälde-Sammlung. Kassel 1819, S. 33, Kat.Nr. 192.
  • Robert, Ernst Friedrich Ferdinand: Verzeichniß der Kurfürstlichen Gemählde-Sammlung. Cassel 1830, S. 39, Kat.Nr. 223.
  • Auszug aus dem Verzeichnisse der Kurfürstlichen Gemälde-Sammlung. Kassel 1845, S. 26, Kat.Nr. 223.
  • Aubel, L.; Eisenmann, Oscar: Verzeichniß der in der Neuen Gemälde-Galerie zu Cassel befindlichen Bilder. 2. Aufl. Kassel 1878, S. 22, Kat.Nr. 223.
  • Eisenmann, Oscar: Katalog der Königlichen Gemälde-Galerie zu Cassel. Nachtrag von C. A. von Drach. Kassel 1888, S. 129-130, Kat.Nr. 196.
  • Voll, Karl: Die Meisterwerke der königlichen Gemälde-Galerie zu Cassel. München 1904.
  • Hofstede de Groot, C.; Plietzsch, Eduard (mitwirkend); Lilienfeld, Karl (mitwirkend): Beschreibendes und kritisches Verzeichnis der Werke der hervorragendsten Holländischen Maler des XVII. Jahrhunderts. Esslingen/Paris 1907-1928, S. 36, Kat.Nr. 134.
  • Gronau, Georg: Katalog der Königlichen Gemäldegalerie zu Cassel. Berlin 1913, S. 27, Kat.Nr. 215.
  • Binder, M. J.; Bode, Wilhelm von (Hrsg.): Frans Hals. Sein Leben und seine Werke. 2 Bde. Berlin 1914, Kat.Nr. 52.
  • Valentiner, Wilhelm R. (Hrsg.): Frans Hals. Des Meisters Gemälde. Stuttgart/Berlin 1921.
  • Gronau, Georg; Luthmer, Kurt: Katalog der Staatlichen Gemäldegalerie zu Kassel. 2. Aufl. Berlin 1929, S. 32, Kat.Nr. 215.
  • Dülberg, Franz: Frans Hals. Ein Leben und ein Werk. Stuttgart 1930, S. 77-78.
  • Luthmer, Kurt: Staatliche Gemäldegalerie zu Kassel. Kurzes Verzeichnis der Gemälde. 34. Aufl. Kassel 1934, S. 21, Kat.Nr. 215.
  • Dantzig, M. M. van: Frans Hals. Echt of onecht. Amsterdam 1937, S. 52, Kat.Nr. 34.
  • Voigt, Franz: Die Gemäldegalerie Kassel. Führer durch die Kasseler Galerie. Kassel 1938, S. 51, Kat.Nr. 215.
  • Trivas, N. S.: The paintings of Frans Hals. London 1941, S. 29, Kat.Nr. 14.
  • Rembrandt und seine Zeit. Zweihundert Gemälde der Blütezeit der holländischen Barockmalerei des 17. Jahrhunderts aus deutschen, holländischen und schweizerischen Museums- und Privatbesitz. Museum zu Allerheiligen. Ausstellung 10.4.1949 - 2.10.1949. Schaffhausen 1949, S. 42, Kat.Nr. 42.
  • Vogel, Hans: Katalog der Staatlichen Gemäldegalerie zu Kassel. Kassel 1958, S. 68, Kat.Nr. 215.
  • Vogel, Hans: 45 Gemälde der Kasseler Galerie. Kassel 1961, S. 30.
  • Bott, Gerhard; Gronau, Georg; Herzog, Erich; Weiler, Clemens: Meisterwerke hessischer Museen. Die Gemäldegalerien in Darmstadt, Kassel und Wiesbaden. Hanau 1967, S. 122, 161, Kat.Nr. 19.
  • Herzog, Erich: Die Gemäldegalerie der Staatlichen Kunstsammlungen Kassel. Geschichte der Galerie von Georg Gronau und Erich Herzog. Hanau 1969, S. 34, 86.
  • Lehmann, Jürgen M.; Verein der Freunde der Kasseler Kunstsammlungen, Kassel e. V. (Hrsg.): Gemäldegalerie Alte Meister. Schloß Wilhelmstal. Bildheft mit 100 Meisterwerken. Kassel 1975.
  • Adler, Wolfgang; Herzog, Erich; Lahusen, Friedrich; Lehmann, Jürgen M.: Gemäldegalerie Alte Meister Schloß Wilhelmshöhe. Braunschweig 1981, S. 60, 64.
  • Stukenbrock, Christiane: Frans Hals - Fröhliche Kinder, Musikanten und Zecher. Eine Studien zu ausgewählten Motivgruppen und deren Rezeptionsgeschichte. Frankfurt/Main 1993, S. 141.
  • Schnackenburg, Bernhard: Gemäldegalerie Alte Meister Gesamtkatalog. Staatliche Museen Kassel. 2 Bde. Mainz 1996, S. 138-139.
  • Dohe, Sebastian; Guratzsch, Herwig; Lange, Justus: 'Die holländischen Bilder hab ich freilich gern'. Wilhelm Busch und die Alten Meister. Kassel 2013, S. 112.
  • Bailes, Anthony: "The Bowe that is too much bent, breaketh". The pitch of Miss Burwell's lute, reconsidered. In: The Lute, The Journal of the Lute Society, Bd. LIV (2014), S. 1-35.
  • Seymour Slive: Frans Hals. London 2014, S. 124, 126.
  • Jowell, Frances Suzman: Thoré-Bürger and the Modernity of Seventeenth-century Dutch art, in: Barock - Moderne - Postmoderne: ungeklärte Beziehungen, hrsg. von Victoria von Flemming und Alma-Elisa Kittner, Wiesbaden 2014, S. 75-92, S. 79.
  • Ildikó Ember: Rembrandt and the dutch golden age. Budapest 2014-2015, S. 246.


Letzte Aktualisierung: 05.02.2024



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