Die Befreiung Petri aus dem Gefängnis



Die Befreiung Petri aus dem Gefängnis


Inventar Nr.: GK 263
Bezeichnung: Die Befreiung Petri aus dem Gefängnis
Künstler / Hersteller: Benjamin Gerritsz. Cuyp (1612 - 1652), Maler/in
Datierung: um 1640
Objektgruppe: Gemälde
Geogr. Bezug:
Material / Technik: Eichenholz
Maße: 76 x 64,5 cm (Bildmaß)
Provenienz:erworben 1891 zusammen aus der Sammlung E. Habich, Kassel


Katalogtext:
Das Gemälde zeigt die in der Apostelgeschichte (12, 6-7) beschriebene Szene, in welcher ein Engel den Apostel Petrus aus seinem Kerker befreit: „Als aber Herodes ihn vorführen wollte, schlief Petrus in jener Nacht zwischen zwei Kriegsknechten, gebunden mit zwei Ketten, und Wächter vor der Tür verwahrten das Gefängnis. Und siehe, ein Engel des Herrn stand da, und ein Licht leuchtete in dem Kerker; und er schlug Petrus an die Seite, weckte ihn und sagte: Stehe schnell auf! Und die Ketten fielen ihm von den Händen.“

Der Doordrechter Künstler Benjamin Gerritsz. Cuyp gibt die Befreiungsszene textgetreu wieder. Von links fällt ein starkes Schlaglicht, dessen Quelle außerhalb der Darstellung liegt, kegelförmig in den Kerker und beleuchtet die Figurengruppe. Der Engel – ganz in weiß gekleidet und folglich das Licht am stärksten reflektierend – folgt Petrus, dessen im Profil gegebenes Gesicht dem Ausgang zugewandt ist. Die beiden Wächter sitzen bereits am Rande der durch das Licht gebildeten Zone, das am Boden und der Wand kreisförmig ausstrahlt. In den Höhen und Winkeln des Raumes verharren noch die Reste der zuvorigen Dunkelheit, die im Kontrast mit der Lichterscheinung den zeitlichen Aspekt der Erzählung veranschaulicht: Die finstere und ausweglose Situation des Apostels wandelt sich durch die Ankunft des Engels zu Hoffnung und Befreiung. Die Intensität der Beleuchtung, die mit großer Kraft in den fensterlosen Raum einfällt und in fein differenzierten Abstufungen die Figuren hervorhebt, unterstreicht hierbei den überirdischen Charakter des Ereignisses.
Das Beleuchtungslicht, welches in einem Winkel von 45 Grad auf die Szene trifft, kann auf Caravaggio zurückgeführt werden, ist hier allerdings vermittelt über den unmittelbaren Einfluss Rembrandts. Es ist vor allem dessen Frühwerk, welches Cuyp nachhaltig beeinflusste.
Charakteristisch für den Künstler ist die leichte und flotte Pinselführung, die sich insbesondere an der malerischen Ausführung der Details wie etwa den teigigen Gesichtern zeigt. Eine besondere Qualität des Malers liegt in der warmen koloristischen Gestaltung, die neben den geschickt verteilten Buntfarben Rot, Gelb und Grün auch Details betrifft, z. B. das im Dunkel der Ecke unten rechts golden funkelnde Stroh, bei dem es sich um ein wiederkehrendes Motiv des Künstlers handelt.
Im Gegensatz zu Rembrandt, in dessen malerischem Oeuvre die Befreiung Petri nicht vorkommt, griff Cuyp das Thema häufiger auf. Eng verwandt erscheint das vorliegende Gemälde mit der Darstellung „Joseph beim Traumdeuten im Gefängnis“ im Rijksmuseum Amsterdam (SK-A-773), welches nach Ember ein Gegenstück zu dem Kasseler Werk darstellt.
(T. trümper, 2011)



Literatur:
  • Lampertz, Heinrich; Heberle, J. M.; Schall, Josef Th.: Katalog der ausgewählten und reichhaltigen Gemälde-Sammlung des Rentners Herrn Edward Habich zu Cassel. Versteigerung zu Cassel den 9. und 10. Mai 1892. Köln 1892, S. 14, Kat.Nr. 35.
  • Voll, Karl: Die Meisterwerke der königlichen Gemälde-Galerie zu Cassel. München 1904.
  • Gronau, Georg: Katalog der Königlichen Gemäldegalerie zu Cassel. Berlin 1913, S. 16, Kat.Nr. 163.
  • Gronau, Georg; Luthmer, Kurt: Katalog der Staatlichen Gemäldegalerie zu Kassel. 2. Aufl. Berlin 1929, S. 19, Kat.Nr. 263.
  • Luthmer, Kurt: Staatliche Gemäldegalerie zu Kassel. Kurzes Verzeichnis der Gemälde. 34. Aufl. Kassel 1934, S. 24, Kat.Nr. 263.
  • Voigt, Franz: Die Gemäldegalerie Kassel. Führer durch die Kasseler Galerie. Kassel 1938, S. 31, Kat.Nr. 263.
  • Vogel, Hans: Katalog der Staatlichen Gemäldegalerie zu Kassel. Kassel 1958, S. 48, Kat.Nr. 263.
  • Bott, Gerhard; Gronau, Georg; Herzog, Erich; Weiler, Clemens: Meisterwerke hessischer Museen. Die Gemäldegalerien in Darmstadt, Kassel und Wiesbaden. Hanau 1967, S. 148.
  • Herzog, Erich: Die Gemäldegalerie der Staatlichen Kunstsammlungen Kassel. Geschichte der Galerie von Georg Gronau und Erich Herzog. Hanau 1969, S. 60.
  • Schnackenburg, Bernhard: Gemäldegalerie Alte Meister Gesamtkatalog. Staatliche Museen Kassel. 2 Bde. Mainz 1996, S. 99-100.
  • Weber, Gregor J. M. u. a.: Rembrandt-Bilder. Die historische Sammlung der Kasseler Gemäldegalerie. Ausstellungskatalog Staatliche Museen Kassel. München 2006, S. 263, Kat.Nr. B 44.
  • Lange, Justus u.a.: Lichtgefüge. Das Licht im Zeitalter von Rembrandt und Vermeer. Petersberg 2011, S. 118, Kat.Nr. 41.


Letzte Aktualisierung: 04.06.2020



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