Eine Räuberhöhle (?)



Eine Räuberhöhle (?)


Inventar Nr.: GK 746 (1875/760)
Bezeichnung: Eine Räuberhöhle (?)
Künstler / Hersteller: Georg Heinrich Hergenröder (1736 - 1799), Maler/in
Datierung: 1780er-Jahre
Objektgruppe: Gemälde
Geogr. Bezug: Frankfurt am Main
Material / Technik: Eichenholz
Maße: 20,7 x 26,6 cm (Bildmaß)
Provenienz:erworben vor 1819; 1863 Schloss Bellevue; 1877 Neue Gemäldegalerie
Beschriftungen: u.l.: rote Nr.: 1395
verso rote Nr.: 1395


Katalogtext:
Der Blick fällt in eine hohe, mit Rankenpflanzen überwucherte Höhle, in der mehrere Personen – Räuber und Beraubte – zusammengekommen sind: nahezu in der Bildmitte, durch die Lichtführung hervorgehoben, stehen fünf Männer in orientalischen Gewändern vor dem Torso einer stämmigen Sitzfigur, vor denen ein auf dem Boden kniender Mann ein Stoffbündel aufschnürt. Etwas versetzt davon sitzen in der linken Bildecke zwei Gefangene, denen eine dritte Person mit erhobener Hand einen in weißen Stoff gehüllten Gegenstand zeigt. Auf der gegenüberliegenden Seite schleppen drei Strauchdiebe einen Verwundeten herbei, und ein Reiter kommt galoppierend in die Höhle gestürmt. An die vordere Halle schließen sich hintereinander liegende Gewölbe und Ausblicke nach draußen in den Wald an, durch die Tageslicht dringt.
Die kleinformatige Szene gehört zu einer Gruppe von Grotten- und Höhlenbildern, die Hergenröder in den 1780er Jahren malte. Zumeist wählte er ein relativ kleines Bildformat und ergänzte die Komposition durch ein Gegenstück, so dass sich die Gemälde – dem zeitgenössischen Sammlergeschmack entsprechend – für eine dichte Hängung eigneten. Das von ihm verwendete Repertoire an formelhaften Motiven und Kompositionsschemata entlehnte er den Höhlen- und Grottenlandschaften der Utrechter Maler des 17. Jahrhunderts, insbesondere den Gemälden von Abraham van Cuylenburg (1610/20-1658). Zumeist spielt sich das Geschehen auf einer schmalen Bühne vor einer Kulisse mit antikisierenden Monumenten und Skulpturen ab. Als Staffagefiguren verwendete er Wanderer, Räuber oder Nymphen, die den Phantasiehöhlen einen je unterschiedlichen, schaurig-unheimlichen oder idyllischen Charakter verleihen. Die von Braungrüntönen beherrschten Grottenbilder entsprachen dem zeitgenössischen Geschmack, nicht nur, weil sie bestimmte ästhetische Kategorien der Kunsttheorie erfüllten, sondern vor allem, weil sie parallel zum einsetzenden Höhlentourismus entstanden sind, wie er in der englischen und deutschen Reiseliteratur dokumentiert ist.
(S. Heraeus, 2003)



Literatur:
  • Robert, Ernst Friedrich Ferdinand: Versuch eines Verzeichnisses der kurfürstlich hessischen Gemälde-Sammlung. Kassel 1819, S. 136, Kat.Nr. 862.
  • Robert, Ernst Friedrich Ferdinand: Verzeichniß der Kurfürstlichen Gemählde-Sammlung. Cassel 1830, S. 161, Kat.Nr. 1010.
  • Auszug aus dem Verzeichnisse der Kurfürstlichen Gemälde-Sammlung. Kassel 1845, S. 84, Kat.Nr. 1010.
  • Parthey, Gustav: Deutscher Bildersaal. Verzeichnis der in Deutschland vorhandenen Ölbilder verstorbener Maler aller Schulen. Berlin 1863/64, S. 579 (Bd. 1), Kat.Nr. 7.
  • Aubel, Carl: Verzeichnis der in dem Lokale der Neuen Gemälde-Gallerie zu Cassel befindlichen Bilder. Kassel 1877, S. 77, Kat.Nr. 909.
  • Eisenmann, Oscar: Katalog der Königlichen Gemälde-Galerie zu Cassel. Nachtrag von C. A. von Drach. Kassel 1888, S. 397, Kat.Nr. 706.
  • Gronau, Georg: Katalog der Königlichen Gemäldegalerie zu Cassel. Berlin 1913, S. 29, Kat.Nr. 746.
  • Gronau, Georg; Luthmer, Kurt: Katalog der Staatlichen Gemäldegalerie zu Kassel. 2. Aufl. Berlin 1929, S. 35, Kat.Nr. 746.
  • Kellner, Otto: Der Maler Georg Heinrich Hergenröder (1736-1799). In: Alt-Offenbach. Blätter des Offenbacher Geschichtsvereins 10 (1934), S. 5-48, S. 28.
  • Vogel, Hans: Katalog der Staatlichen Gemäldegalerie zu Kassel. Kassel 1958, S. 71, Kat.Nr. 746.
  • Heraeus, Stefanie [Bearb.]; Eissenhauer, Michael [Hrsg.]: Spätbarock und Klassizismus. Bestandskatalog der Gemälde in den Staatlichen Museen Kassel. Kassel [u.a.] 2003, S. 72, Kat.Nr. 50.


Letzte Aktualisierung: 21.04.2020



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