Johann Alexander Thiele



Johann Alexander Thiele


Inventar Nr.: 1875/1590
Bezeichnung: Johann Alexander Thiele
Künstler / Hersteller: Johann Christian Fiedler (1697 - 1765), Maler/in
Dargestellt: Johann Alexander Thiele (1685 - 1752), Dargestellt
Datierung: um 1729/1738
Objektgruppe: Gemälde
Geogr. Bezug:
Material / Technik: Leinwand, doubliert
Maße: 40,3 x 32,8 cm (Bildmaß)
Provenienz:erworben 1973 von Konrad Strauss, München; seit 1920 Stiftung Land Thüringen; 1794-1918 Gemäldesammlung des Fürstenhauses Schwarzburg-Rudolstadt
Beschriftungen: u.r.: No. 63


Katalogtext:
Mit Palette und Pinseln in der Hand, den Insignien des Malers, nimmt der sächsische Landschaftsmaler Johann Alexander Thiele (1685-1752) eine Haltung ein, als ob er Farben auf der Palette mischen würde. Seinen Blick richtet er auf den Betrachter. Der Hintergrund ist in neutralem Braun gehalten. Nur ein altrosafarbener, gebauschter Vorhang am rechten Bildrand definiert geringfügig den Raum, so dass die Aufmerksamkeit auf das Gesicht und die Malgeräte gelenkt wird.
Haartracht, Kleidung und Vorhang sind zwar barocke Standessymbole, doch geht es nicht um Prächtigkeit, vielmehr erscheint Thiele betont ungezwungen und leger. Die weiß gepuderte Allongeperücke, ursprünglich repräsentativer Bestandteil der männlichen Hofkleidung, ist an den Enden bereits etwas ausgedünnt. Das Hemd ist lässig geöffnet und der braune Rock etwas eng geworden. Die Lässigkeit der Kleidung mit offenem Kragen und zuweilen auch schäbiger Jacke lässt sich im 18. Jahrhundert in vielen Selbstbildnissen beobachten und wird allgemein als Streben nach Natürlichkeit und Individualisierung interpretiert. Häufig ist dies auch ein Hinweis auf die private, nicht offizielle Funktion des Porträts, wofür hier auch das kleine Format spricht.
In Biermanns Publikation von 1914 ist das Gemälde unter dem Darmstädter Hofmaler Johann Christian Fiedler angeführt, als Bildnis von Johann Alexander Thiele. In Kassel aber wurde es 1973 als »Selbstbildnis« von Johann Valentin Tischbein inventarisiert, wohl deshalb, weil mehrere Gemälde, die Biermann einst Fiedler zugeschrieben hatte, mittlerweile als Werke seines Schülers Johann Valentin Tischbein gelten (vgl. Solms 1958b, S. 21). Dass es sich bei dem vorliegenden Porträt aber doch um ein Werk Fiedlers handelt, belegt ein Kupferstich von Christian Gottlieb Geyser (1742-1803), der das Porträt im Ausschnitt wiedergibt und bezeichnet ist mit »A. Thiele.« nach »Fiedler pinx.« (Arnstadt, Schlossmuseum). Das Porträt, das bis 1918 zur Gemäldesammlung des Fürstenhauses Schwarzburg-Rudolstadt gehörte, ist im 1794 erstellten Gemäldeverzeichnis von Schloss Rudolstadt unter Nummer »63« angeführt. Diese Nummer taucht in der unteren rechten Bildecke des Gemäldes auf. In Partheys Abhandlung zur »Bildersammlung in Rudolstadt« von 1857 findet sich der Hinweis, dass das Porträt ehemals mit »Fiedler pinx.« rückseitig signiert war, was durch die Doublierung nicht mehr zu erkennen ist (Bettina Bärnighaus, Sondershausen, Brief vom 15.04.2002, u. D. Winkler, Rudolstadt, Brief vom 25.4.2002).
Stilistische Übereinstimmungen, insbesondere bei der Modellierung der Gesichtszüge, zeigen sich mit Fiedlers um 1738 ausgeführtem Porträt seines Vaters (Darmstadt, Schlossmuseum). Die Provenienz des Bildnisses legt nahe, dass es zwischen 1729 und 1738 entstanden ist. 1729 wurde Thiele von Günther von Schwarzburg-Sondershausen zum Hofmaler nach Arnstadt berufen, 1738 kehrte er als kursächsischer Hofmaler nach Dresden zurück.
(S. Heraeus, 2003)



Literatur:
  • Kämmerer, Ernst: Handschriftl. Verzeichnis der Kabinettgemälde in dem fürstlichen Schlosse zu Rudolstadt. Rudolstadt 1794, Kat.Nr. 63.
  • Handschriftl. Verzeichnis der Kabinettgemälde in dem fürstlichen Schlosse zu Rudolstadt. Rudolstadt 1795, Kat.Nr. 102.
  • Handschriftl. Verzeichnis der Gemälde und Statuen im fürstlichen Schlosse zu Rudolstadt. Rudolstadt 1839, Kat.Nr. 25.
  • Parthey, Gustav: Die Bildersammlung in Rudolstadt. Berlin 1857, Kat.Nr. 145.
  • Vater, Oskar: Handschriftl. Verzeichnis der om dem fürstlichen Schlössern befindlichen Gemälde. Rudolstadt 1898, Kat.Nr. 4.
  • Thieme, U. [Hrsg.]; Becker, F. [Hrsg.]; Vollmer, H. [Hrsg.]: Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Leipzig 1907-1950, S. 538 (Bd. 11, 1915).
  • Biermann, Georg: Deutsches Barock und Rokoko. Leipzig 1914, S. 237, Kat.Nr. 377.
  • Stübel, Moritz: Der Landschaftsmaler Johann Alexander Thiele und seine sächsischen Projekte. Leipzig/Berlin 1914, S. 49.
  • Darmstadt in der Zeit des Barock und Rokoko. Darmstadt 1980, S. 36, Kat.Nr. 53.
  • Lechner, Gregor Martin: Künstlerporträts. Der Bestand der Göttweiger Sammlung. Furth 1987, S. 7.
  • Heraeus, Stefanie; Tipton, Susanne: Künstlerbildnisse. Porträts von Tischbein bis Beuys. Malerei, Graphik und Skulptur aus eigenen Beständen. Kassel 1996, S. 30, Kat.Nr. 2.
  • Marx, Harald: Die schönsten Ansichten aus Sachsen. Johann Alexander Thiele (1685-1752). Zum 250. Todestag. Dresden 2002, S. 10.
  • Heraeus, Stefanie [Bearb.]; Eissenhauer, Michael [Hrsg.]: Spätbarock und Klassizismus. Bestandskatalog der Gemälde in den Staatlichen Museen Kassel. Kassel [u.a.] 2003, S. 50-51, Kat.Nr. 33.
  • Sächsiche Landschaften. Von Johann Alexander Thiele. Eine Ausstellung der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden in Kooperation mit der Stiftung "Fürst-Pückler-Park Bad Muskau". Dresden 2015.
  • Fröhlich-Schauseil, Anke: Druckgrafik in der Sammlung des Gebirgsvereins für die Sächsische Schweiz. In: Föhlich-Schauseil, Anke; Misterek, René: Die Sächsiche Schweiz in der Bildenden Kunst. Die Grafische Sammlung des Gebirgsvereinf für die Sächsische Schweiz.
  • Pawluschkow, Andrej: Hohe Gäste auf Sachens schönster Feste. Ein Beitrag zur Geschichte der Festung Königstein als Ausflugs- und Reiseziel. Königstein 2020, S. 21.
  • Pawluschkow, Andrej: Hohe Gäste auf Sachsens schöner Feste. Ein Beitrag zur Geschichte der Festung Königstein als Ausflugs- und Reiseziel. Königstein 2020, S. 21.


Letzte Aktualisierung: 25.01.2021



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