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Grabstein eines Soldaten der legio I adiutrix



Grabstein eines Soldaten der legio I adiutrix


Inventar Nr.: Sk 67
Bezeichnung: Grabstein eines Soldaten der legio I adiutrix
Künstler / Hersteller: unbekannt
Datierung: 70 - 86 n. Chr.
Objektgruppe: Skulptur
Geogr. Bezüge:
Römisches Reich / Provinzen
Fundort: Mainz-Zahlbach
Material / Technik: Heller Kalkstein
Maße: 68,5 x 35,5 x 14,8 cm (Objektmaß)
Provenienz:erworben zwischen 1777 und 1782 durch Legationsrat Schmidt v. Rossau
Beschriftungen: Testbeschriftung


Katalogtext:
Das Fragment stammt von einem Grabstein in Form einer Stele. Es besteht aus einem Teil des rechten Randes und der profilierten Rahmenleiste des Inschriftenfeldes. Auf der geglätteten Oberfläche haben sich Reste von sieben Zeilen einer lateinischen Inschrift erhalten, die aus klaren, sorgfältig gemeißelten Kapitalen besteht. Am Anfang der Zeile 4 ist noch der Schrägstrich des Buchstaben Q erhalten, am Beginn der Zeile 5 sind auf Photographien der Vorkriegszeit noch schwache Spuren des G zu erkennen.

[…]IDIVS·|[…]TROM | […]MENS | […QV]O · MIL(es) | [LEG](ionis) I · ADI(utricis) | [AN](norum) XXX · STIP(endiorum)·| […] [H](ic) [S](itus) E(st) · T(estamento) · F(ieri) · I(ussit) ·

Den Resten der Inschrift lässt sich entnehmen, dass der Verstorbene ein Soldat (miles) der Legio I Adiutrix war, 30 Jahre alt (annorum XXX), mit einer nicht überlieferten Anzahl von Dienstjahren (stipendiorum) und dass er durch sein Testament die Errichtung des Grabsteins anordnete (testamento fieri iussit).

Die 1. Legion Adiutrix (die Hilfreiche) wurde 68 n. Chr. aus Flottenmannschaften gebildet. Im Jahre 70 n. Chr. wurde sie nach Mainz (Mogontiacum) verlegt. Sie hinterließ zahlreiche Bauinschriften und war an Kämpfen gegen gallische und germanische Stämme beteiligt. Insbesondere nahm sie an den Feldzügen Kaiser Domitians gegen die Chatten 83–85 n. Chr. teil. Nach Beendigung der Chattenkriege rückte die Legion im Jahre 86 n. Chr. in die Donauprovinzen ab.

Folglich muß der Grabstein in den Jahren zwischen 70 und 86 n. Chr. aufgestellt worden sein, als die Legion im Doppellager von Mainz stationiert war. Wir wissen jedoch nicht, ob der bestattete Soldat auf einem der Feldzüge gefallen ist. Aus der ausgedehnten Nekropole von Mainz-Zahlbach stammen zahlreiche Soldatengrabsteine, darunter auch einige von Angehörigen der 1. Legion Adiutrix (Selzer 1988, Nr. 1–3; Boppert 1992). Ihre Inschriften nennen jeweils Namen und Herkunft des Verstorbenen, seine Legion, sein Alter und seine Dienstjahre. Daran schließt meistens die abgekürzte Formel hic situs est (liegt hier begraben) an, die aufgrund des erhaltenen E in Zeile 7 auch für die Kasseler Inschrift zu rekonstruieren ist. Den Abschluß bilden formelhafte Angaben zur Aufstellung des Grabsteins.

Die Inschrift folgt dem im 1. Jh. n. Chr. üblichen Schema. Leider sind der Name des Soldaten und die Angaben zu seiner Herkunft, die in den ersten Zeilen enthalten gewesen sein müssen, nicht zu rekonstruieren. Die Soldaten der Legio I Adiutrix waren zum großen Teil in den Balkanprovinzen rekrutiert worden, da unter ihren Grabinschriften aus Mainz sich auffallend viele Dalmater und Pannonier finden (Schulten 1925, 1385; Boppert 1992, 124). Möglicherweise stammte auch der Auftraggeber des Kasseler Grabsteins aus einer der Balkanprovinzen.

Unter den Soldatengrabsteinen des 1. Jhs. n. Chr. aus Mainz ist der Typus der profilgerahmten Inschriftenstele mit ornamental verziertem Giebel häufig vertreten (Selzer 1988, Nr. 1. 2. 5–10. 14–17. 27–29; Boppert 1992, 34 ff.). Unser Fragment ist wahrscheinlich dementsprechend zu ergänzen.

(Zimmermann-Elseify 2007)



Literatur:
  • Bieber, Margarete: Die antiken Skulpturen und Bronzen des Königlichen Museum Fridericianum in Cassel. Marburg 1915, Kat.Nr. 104.
  • Gercke, Peter; Zimmermann-Elseify, Nina: Antike Skulpturen und Neuzeitliche Nachbildungen in Kassel. Bestandskatalog. Mainz 2007, S. 360, Kat.Nr. 119.


Letzte Aktualisierung: 17.10.2022



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