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Bogislaw, Herzog von Pommern



Bogislaw, Herzog von Pommern


Inventar Nr.: KP A IX/II.53
Bezeichnung: Bogislaw, Herzog von Pommern
Künstler / Hersteller: Jost vom Hoff (tätig um 1578 - 1592), Werkstatt (?)
Kaspar van der Borcht (vor 1576 - 1610), Werkstatt (?)
Dargestellt: Bogislaw X. Herzog von Pommern (1454 - 1523), Dargestellt
Datierung: um 1570 - 1587
Objektgruppe: Gemälde
Geogr. Bezug: Kassel
Material / Technik: Öl auf Holz
Maße: 31,2 x 26,7 cm (mit Rahmen) (Objektmaß)
25 x 20 cm (Objektmaß)
Beschriftungen: BVSLAVS DVX POMERANIÆ


Katalogtext:
Das Porträt Herzog Bogislaws von Pommern darf als Vorstudie oder Kopie eines Gemäldes aus dem sogenannten "Gulden Saal" gelten. Der „Gulden Saal“, wie er seit dem 17. Jahrhunderts wegen vergoldeten Laubwerks im Gewölbe genannt wurde, war der Festsaal des Landgrafenschlosses. Er lag im ersten Obergeschoss des zur Stadt hin gerichteten Westflügels und nahm dessen gesamte Breite ein. Sieben hohe, weite Fenster zu beiden Längsseiten und ein flaches Tonnengewölbe verliehen dem Raum eine prachtvolle Wirkung. Mit 143 Fuß (rund 50 m) Länge, 32 Fuß (11 m) Breite und 16,5 (etwa 6 m) Raumhöhe war der Güldene Saal ideal als Ballsaal und Ort für große Hoffeste geeignet.
Bemerkenswert war seine Ausstattung. Lebensgroße Büsten der hessischen Landgrafen und ihrer Gemahlinnen – beginnend mit Landgraf Philipp dem Großmütigen – standen vor den Fensterpfeilern. In den Fensternischen hingen je acht bis elf Bildnisse von europäischen Fürsten, die sich im Jahr 1718 – nach kontinuierlichen Ergänzungen – zu einer Galerie von 199 Porträts erweitert hatten. Beim Schlossbrand von 1811 wurde der Güldene Saal ein Raub der Flammen. Allerdings haben sich verkleinerten Kopien oder Vorlagen dieser Porträts sowie Tonmodelle der Landgrafenbüsten erhalten.

Die in Öl auf Holz gemalten Täfelchen stellen in sog. Hüftstücken vorwiegend Fürsten des 16. Jahrhunderts dar, wobei neben den Habsburger Kaisern und vielen deutschen Fürsten auch französische, englische, schottische und niederländische Persönlichkeiten aufgenommen wurden, unter ihnen König Heinrich VIII. oder Königin Elisabeth I. von England. Die Porträts wurden in einheitlichem Stil von den Kasseler Hofmalern Caspar van der Borcht und Jost vom Hoff gefertigt. Landgraf Wilhelm IV., der Auftraggeber der Serie, entsandte sie zum Porträtieren und Kopieren an andere Höfe, ließ sich aber auch Vorlagen von auswärts zuschicken. Für die Ausführung gab er überdies genaue Anweisungen, etwa bezüglich der Blickrichtung, aber auch der Bekleidung der Porträtierten. Sie sollten nicht „in armis“, sondern in höfischer Kleidung vorgestellt werden, was dem Charakter eines Festsaales, aber auch dem Geist des Gesamtprogramms geschuldet war.

1582 schrieb Wilhelm IV. in einem Brief an Erzherzog Ferdinand von Tirol, dass er „aller keyser, könige, chur unddt furstenn conterfet so ab anno 30. biß uff diß jedenwerttige jahr regierett“ in diesem Saal vereinen wolle. Der Festsaal spiegelte somit die damalige europäische Machtelite, und zwar unabhängig von ihrer Konfession. Am Eingang des Saales befand sich eine lateinische Inschrift, die dieses Konzept für den Besucher des Festsaales erläuterte. Dort befand sich das Bildnis Christi mit der Überschrift: „König der Könige und Herr der Herrscher“ sowie eine weitere Inschrift: „Doch über all jenen steht dieser, dessen Bild man hier sieht, der König der Könige, der auf keinen Raum beschränkt ist und der keine Grenze und kein Ende hat. 1584“ (At super hos omnes hic cuius imago videtur. Rex regum spatio, limite, fine caret. 1584). Die inhaltliche Ausrichtung des Programms ist vor dem Hintergrund der Konfessionskriege zu sehen, die 1555 mit dem Augsburger Religionsfrieden ein vorläufiges Ende fanden. Wilhelm beschwor die Eintracht der Herrschenden aller Konfessionen, ohne Unterschied von Macht und Rang, indem er sie unter dem Bild Christi vereinen und in Wort und Bild an diese höhere über allen irdischen Fürsten stehende Macht erinnern ließ. Die Ausstattung des Güldenen Saales kann daher auch als ein Friedensappell gedeutet werden. So ist es bemerkenswert, dass Matthias Merian in seiner „Topographia Hassiae“ von 1655 als denkwürdige historische Begebenheit im Güldenen Saal den sog. „Hauptakkord“ herausstellt. Mit ihm schlossen die verfeindeten Linien Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt im Jahr 1627 vorübergehend Frieden.
(12.5.16 Antje Scherner)



Literatur:
  • Merian, Matthäus: Topographia Hassiae Et Regionum Vicinarum: Das ist Beschreibung unnd eygentliche Abbildung der vornehmsten Stätte und Plätze in Hessen unnd denen benachbarten Landschafften als Buchen, Wetteraw, Westerwaldt, Löhngaw, Nassaw, Solms, Hanaw, Witgenstein. 2. Auflage. Aufl. Frankfurt am Mayn 1655, S. 31.
  • Holtmeyer, Alois: Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel. Kassel 1923, S. 281-284.
  • Schwindrazheim, Hildemarie: Eine Porträtsammlung Wilhelms IV. von Hessen und der "Güldene Saal". In: Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft 10 (1937), S. 263-306.


Letzte Aktualisierung: 01.11.2023



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