Der junge Gelehrte und seine Frau



Der junge Gelehrte und seine Frau


Inventar Nr.: GK 151
Bezeichnung: Der junge Gelehrte und seine Frau
Künstler / Hersteller: Gonzales Coques (1614 - 1684), Maler/in
Dargestellt: unbekannt, Dargestellt
Datierung: 1640
Objektgruppe: Gemälde
Geogr. Bezug: Flandern (Belgien)
Material / Technik: Öl
Maße: 41 x 59,5 cm (Bildmaß)
Rahmenmaß: 58 x 77 x 8 cm (Rahmenmaß)
Provenienz:erworben 1748 durch Wilhelm VIII., vermittelt von Baron Häckel, vermutlich aus dem Frankfurter Kunsthandel.Kammerrat Pfeiff als Vorbesitzer nicht nachweißbar.
Beschriftungen: Signatur: Gonsales F. 1640


Katalogtext:
„….der Gonzales ist und bleibt ein schönes Stück…“ schrieb Landgraf Wilhelm der VIII. an seinen „allergetreusten Knecht“ Baron Häckel, der den Ankauf des Gemäldes im Jahr 1748 für Kassel arrangierte (Hessenland 1891, S. 18). Der Betrachter blickt hier in ein bürgerliches Interieur, das mit vergoldeten Ledertapeten und Landschaftsgemälden reich geschmückt ist und in dem sich ein Herr und eine Dame in eleganter Kleidung aufhalten. Optisch getrennt werden die Personen durch einen holzverzierten Durchgang, der in einen weiteren, dahinter liegenden Raum führt.

Im 19. Jahrhundert galten die Dargestellten als Geschwister, doch sprechen die attributiv im Raum verteilten Gegenstände für ein Doppelbildnis eines jungen Ehepaares. Auf das Jahr 1640 datiert, steht es für die Antwerpener Malerei am Beginn eines neuen Porträttypus, des kleinformatigen Bildnisses. Hinzu kommt, dass sich die Dargestellten im Gegensatz zu den als Pendants konzipierten Porträts aus dem Hessischen Landesmuseum Darmstadt (GK 210 und 211) in einer häuslichen Umgebung präsentieren, wodurch sich die Gattung des Interieurs mit der des Porträts verbindet.

Die wirklichkeitsnahe Schilderung der bürgerlichen Wohnkultur jener Zeit zeugt von Reichtum und Repräsentationsbedürfnis. Ein Anspruchsdenken, welches durch die vorhandenen Gegenstände, Bücher, Sanduhr und Statuette, den Globus zur Rechten des Mannes und das Cembalo mit einer Darstellung des Midasurteils auf dem Instrumentendeckel zur Linken der Frau, untermauert wird. Wir haben es mit einem gebildeten Hausherrn zu tun, der sich als Gelehrter für unterschiedliche Wissensbereiche interessiert. Ob er möglicherweise aufgrund der anatomischen Figur eines Muskelmanns einen medizinischen Beruf ausgeübt hat, wie es in der Forschung behauptet wurde (Schnackenburg 1985, S. 48), muss hypothetisch bleiben, da die Dargestellten bisher nicht identifiziert werden konnten. Sicher ist hingegen, dass das Werk den Personen unterschiedliche Lebensbereiche zuweist: Dem Ehemann die ihm vorbehaltene Domäne der Wissenschaft und Forschung, der Frau das Musizieren. Die Musik kann als Sinnbild für die Harmonie stehen, gemeinsam mit der durch das Hündchen symbolisierten Treue, bildet sie die Grundlage für ein glückliches Eheleben.
Dem Werk kann also ein hoher Symbolgehalt zugesprochen werden, doch ist und bleibt es auch einfach ein „schönes Stück“, welches seit über 250 Jahren in Kassel zu Hause ist.
(T. Trümper, 2011)



Inventare:
  • Catalogue des Tablaux. Kassel 1749, S. 14, Nr. 135.
Literatur:
  • Causid, Simon: Verzeichnis der Hochfürstlich-Heßischen Gemälde-Sammlung in Cassel. Kassel 1783, S. 139, Kat.Nr. 160.
  • Robert, Ernst Friedrich Ferdinand: Versuch eines Verzeichnisses der kurfürstlich hessischen Gemälde-Sammlung. Kassel 1819, S. 65, Kat.Nr. 395.
  • Auszug aus dem Verzeichnisse der Kurfürstlichen Gemälde-Sammlung. Kassel 1845, S. 47-48, Kat.Nr. 458.
  • Aubel, L.; Eisenmann, Oscar: Verzeichniß der in der Neuen Gemälde-Galerie zu Cassel befindlichen Bilder. 2. Aufl. Kassel 1878, S. 44, Kat.Nr. 458.
  • Eisenmann, Oscar: Katalog der Königlichen Gemälde-Galerie zu Cassel. Nachtrag von C. A. von Drach. Kassel 1888, S. LXII, 95-96, Kat.Nr. 142.
  • Drach, C. Alhard von: Mittheilungen aus dem Briefwechsel des Landgrafen Wilhelm VIII. von Hessen mit dem Baron Häckel, betr. Gemäldeerwerbungen für die Kasseler Galerie. In: Hessenland. Zeitschrift für hessische Geschichte und Literatur (1890-1891), S. 334-336 (24), 2-4 (1), 18-20 (2).
  • Voll, Karl: Die Meisterwerke der königlichen Gemälde-Galerie zu Cassel. München 1904.
  • Thieme, U. [Hrsg.]; Becker, F. [Hrsg.]; Vollmer, H. [Hrsg.]: Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Leipzig 1907-1950, S. 385 (Bd. 7, 1912).
  • Gronau, Georg: Katalog der Königlichen Gemäldegalerie zu Cassel. Berlin 1913, S. 14, Kat.Nr. 151.
  • Gronau, Georg; Luthmer, Kurt: Katalog der Staatlichen Gemäldegalerie zu Kassel. 2. Aufl. Berlin 1929, S. 17, Kat.Nr. 151.
  • Exposition Internationale Coloniale, Maritime et d'Art Flamand. Section d'Art Flamand Ancien. Ausstellung 6. - 9. 1930. Antwerpen 1930, S. 30, Kat.Nr. 80.
  • Luthmer, Kurt: Staatliche Gemäldegalerie zu Kassel. Kurzes Verzeichnis der Gemälde. 34. Aufl. Kassel 1934, S. 16, Kat.Nr. 151.
  • Voigt, Franz: Die Gemäldegalerie Kassel. Führer durch die Kasseler Galerie. Kassel 1938, S. 36, Kat.Nr. 151.
  • Vogel, Hans: Katalog der Staatlichen Gemäldegalerie zu Kassel. Kassel 1958, S. 12, 45-46, Kat.Nr. 151.
  • Plietzsch, Eduard: Holländische und Flämische Maler des XVII. Jahrh. Leipzig 1960, S. 200A.
  • Kuile, Engelbert Hendrik Ter; Gerson, Horst Karl: Art and Architecture in Belgium 1600 to 1800. Harmondsworth 1960, S. 149.
  • Vogel, Hans: 45 Gemälde der Kasseler Galerie. Kassel 1961, S. 14.
  • Legrand, F.-C.: Les Peintres flamands de Genre au XVIIe siècle. Bruxelles-Paris 1963, S. 95-97.
  • Puyvelde, Leo van; Bergmans, S.: Le Siècle de Rubens. Ausstellung 15.10.1965 - 12.12.1965. Brüssel, Musées Royaux des Beaux-Arts de Belgique 1965, S. 43, Kat.Nr. 42.
  • Bott, Gerhard; Gronau, Georg; Herzog, Erich; Weiler, Clemens: Meisterwerke hessischer Museen. Die Gemäldegalerien in Darmstadt, Kassel und Wiesbaden. Hanau 1967, S. 109.
  • Herzog, Erich: Die Gemäldegalerie der Staatlichen Kunstsammlungen Kassel. Geschichte der Galerie von Georg Gronau und Erich Herzog. Hanau 1969, S. 21, 84.
  • Martin-Méry, G.: L'Art et la Musique. Galerie Beaux-Arts Bordeaux. Ausstellung 30.05.1969 - 30.09.1969. Bordeaux 1969, S. 18, Kat.Nr. 28.
  • Plietzsch, Eduard: Holländische und Flämische Malerei des XVII. Jahrh. 2. Aufl. Leipzig 1972, S. 200-201.
  • Lehmann, Jürgen M.; Verein der Freunde der Kasseler Kunstsammlungen, Kassel e. V. (Hrsg.): Gemäldegalerie Alte Meister. Schloß Wilhelmstal. Bildheft mit 100 Meisterwerken. Kassel 1975.
  • Lagemeyer, Gerhard [Hrsg.]; Peters, Hans-Albert [Hrsg.]: Stilleben in Europa. Ausstellungen Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster 25.11.1979 - 24.2.1980. Staatliche Kunsthalle Baden-Baden 15.3.1980 - 15.6.1980. Münster/Baden-Baden 1979, S. 237.
  • Schnackenburg, Bernhard: Flämische Meister in der Kasseler Gemäldegalerie. Kassel 1985, S. 48, Kat.Nr. 34.
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  • Schnackenburg, Bernhard: Gemäldegalerie Alte Meister Gesamtkatalog. Staatliche Museen Kassel. 2 Bde. Mainz 1996, S. 84.
  • Savoy, Bénédicte: Patrimoine annexé: Les biens culturels saisis par la France en Allemagne autour de 1800. Paris 2003, S. 144, Kat.Nr. 332.
  • Michalsky, Tanja: Projektion und Imagination. Die niederländische Landschaft der Frühen Neuzeit im Diskurs von Geographie und Malerei. München 2011, S. 200, Kat.Nr. 102.
  • Lange, Justus u. a.: Dialoge. Barocke Meisterwerke aus Darmstadt zu Gast in Kassel. Petersberg 2011, S. 106, Kat.Nr. 33.
  • Dixon, Laurinda S.: The dark side of genius.The melancholic persona in Art, ca. 1500-1700. Pennsylvania 2013, S. 171-175.
  • Moens, Karel: 16th- and 17th-Century Harpsichord Making in Antwerp in an Urban Context. In: The Golden Age of Flemish Harpsichord Making. A Study of the MIM's Ruckers Instruments, Kat. Musical Instrumens Museum Brussels (2017), S. 21-29, S. 26.
  • Paepe, Timothy de: Antwerp. City of harpsichords. Two centuries of exceptional musical instruments from the Museum Vleeshuis. Sound of the City. Antwerpen 2018.
  • Riguelle, William: L'animal dans le portrait dans les anciens Pays-Bas, Renaissance - XVIIIe siècle. In: Baudoux-Rousseau, Laurence [Hrsg.]; Giry-Deloison, Charles [Hrsg.]: La Renaissance dans les anciens Pays-Bas XVIe-XVIIe siècles (2022), S. 317-332, S. 321-322.


Letzte Aktualisierung: 09.09.2022



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