Veronika Schilderlin im Ulmer Kostüm



Veronika Schilderlin im Ulmer Kostüm


Inventar Nr.: LM 1940/241
Bezeichnung: Veronika Schilderlin im Ulmer Kostüm
Künstler / Hersteller: Augustin Dahlsteen (vor 1720 - um 1769), Maler/in
Dargestellt: Veronika Schilderlin (18. Jahrhundert), Dargestellt
Datierung: 1762
Objektgruppe: Gemälde
Geogr. Bezug:
Material / Technik: Leinwand
Maße: 88 x 69,8 cm (Bildmaß)
Provenienz:erworben 1940 von Dr. Carl Reichart, Neu-Ulm
Beschriftungen: Signatur: bez. verso: Veronika Schilderlin nee Breyiin/Ao 1762 pinxit./AE tat. 60. Ann./ A: Dahlstein pinx.


Katalogtext:
Vor neutralem dunkelbraunem Grund und einer blauen Vorhangdraperie erscheint Veronika Schilderlin, wie die Dargestellte auf der Rückseite der Leinwand bezeichnet ist, als Halbfigur nach links gewandt mit Blick zum Betrachter. Die linke Hand stützt sie auf einen Holzsockel, in der rechten hält sie ein Gesang- und Gebetbuch, das mit einem weißen Spitzeneinband geschmückt ist.
Mit dem schwarzen Kleid, das an Ausschnitt, Schultern und Ärmeln mit schwarzer und weißer Spitze aufwendig verziert ist, trägt sie die protestantische Ulmer Standeskleidung, wie sie die Frauen zum Kirchgang trugen. Friedrich Nicolai hat sie in seiner Reisebeschreibung durch Deutschland aus dem Jahr 1781 ausführlich geschildert. Typisch für diese Tracht ist der um den Hals liegende, große breite weiße Kragen, »eben so wie ihn die Prediger in Augsburg tragen (in Ulm Kröß, d. h. Krause oder Gekröje genannt). [...]; dazu trägt sie eine Art von breiter Kopfhaube von Leinwand, in Ulm ein Schleyer genannt, vorn mit einer Schnebbe« (Nicolai 1781, S. 119). Den so genannten »Gollerhalskragen«, der Hals, Schultern und Dekolleté bedeckte, hatte die protestantische Geistlichkeit ursprünglich verordnet, um die Blöße zu verbergen, in der Folgezeit wurde er aber von den Frauen verändert, bestickt und reich geschmückt. Der mit einem langen Handschuh bedeckte Unterarm der Veronika Schilderlin folgt ebenfalls dem Gebot, Nacktheit zu verbergen.
Dahlstein, der sich auch in anderen Werken mit spezifischen Landestrachten befasst hat, hat hier auch die von Nicolai beschriebene Kopfbedeckung detailliert wiedergegeben: eine weiße Spitzenhaube, die mit einem mit Perlen bestickten Goldrand verziert ist, und die schwarzen, ins Gesicht ragenden Schneppen. Das goldeingefasste Kruzifix, das als Seelenschmuck zusammen mit einer Kette aus weißen und roten Perlen und einem schwarzen, eng anliegenden Band um den Hals liegt, unterstreicht diese Repräsentation protestantischer Frömmigkeit.
(S. Heraeus, 2003)



Literatur:
  • Nicolai, Friedrich: Beschreibung einer Reise durch Deutschland und die Schweiz im Jahre 1781. In: ders. Gesammelte Werke 19 (1781), S, S. 117-134.
  • Heraeus, Stefanie [Bearb.]; Eissenhauer, Michael [Hrsg.]: Spätbarock und Klassizismus. Bestandskatalog der Gemälde in den Staatlichen Museen Kassel. Kassel [u.a.] 2003, S. 43, Kat.Nr. 28.


Letzte Aktualisierung: 17.11.2020



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