Diana entdeckt die Schande der Kallisto



Diana entdeckt die Schande der Kallisto


Inventar Nr.: KP B VI/II.34
Bezeichnung: Diana entdeckt die Schande der Kallisto
Künstler / Hersteller: Francis van Bossuit (1635 - 1692)
Datierung: um 1680/1690
Objektgruppe: Skulptur / Plastik, Relief
Geogr. Bezug: Amsterdam
Material / Technik: Elfenbein, gesägt, gebohrt, geschnitzt, geschabt und poliert
Maße: 15,2 x 27,2 cm (Objektmaß)


Katalogtext:
„Als er nach Amsterdam kam, gab er Beweise seines Könnens zum Erstaunen und zur Bewunderung von allen, die sie sahen. Durch seine kühne und freie Art, das harte Elfenbein zu bearbeiten, konnte er es formen als sei es Wachs, und er gab ihm eine solche Weichheit, dass nur wenige Genies dieser Kunst verstehen konnten, in welcher Weise es bearbeitet war.“ Mit diesen Worten würdigte der Kupferstecher Mattijs Pool (1676-1740) im Jahr 1727 die künstlerischen Qualitäten des Francis van Bossuit in seinem Stichwerk „Cabinet de l’Art de Schulpture“. Mit der Werkübersicht in 95 Kupferstichen, die Eike D. Schmidt als „erste illustrierte Künstlermonographie der Geschichte“ bezeichnete, setzte Pool dem Elfenbein- und Terrakotta-Plastiker als dem „Phidias der Niederlande“ postum ein Denkmal.
Pools Wertschätzung für das Werk Bossuits wird in der Fachwelt bis heute geteilt, wenngleich das Bild des Elfenbein wie Wachs formenden Genies als frühneuzeitlicher Künstlertopos gelten muss.
Das Relief „Diana entdeckt die Schande der Kallisto“, entstanden wohl um 1680/90, ist ein gutes Beispiel für für Bossuits, mehrheitlich aus Reliefskulptur bestehendem Œuvre. Es zeigt die Bravour mit der er die künstlersicher Herausforderungen des Relief als „Mischding von Malerei und Skulptur“ meisterte.
Bossuit entnahm das Thema den "Metamorphosen" des Ovid. Dargestellt ist die mythologische Jagdgöttin Diana, die sich mit ihrem jungfräulichen Gefolge in freier Natur zum Baden versammelt hat. Als sich alle entblößen entdeckt Diana die Schwangerschaft der Nymphe Kallisto. Mit entschiedener Geste weist sie auf den sich wölbenden Bauch der jungen Frau. Die Bloßgestellte wendet sich verzweifelt ab, während eine Nymphe das Tuch von ihrem Leib zieht und eine Gespielin sich vorbeugt, um einen Blick auf den Körper der Schwangeren zu werfen. Bossuit inszeniert diesen Moment der Erkenntnis, des Erstaunens und des Entsetzens. Die Strafe, die Diana im nächsten Moment aussprechen wird, ist schon nicht mehr Thema seines Reliefs.
Die antike Mythologie lieferte Bossuit den Anlass, um das künstlerische Thema des weiblichen Aktes in einem vom Flach- bis zum Hochrelief reichenden Elfenbein zu erproben. Als Rückenakt, frontal oder im Profil wird der nackte weibliche Leib dar-, aber auch zur Schau gestellt.
(Antje Scherner)



Inventare:
  • Summarisches Inventarium. Über die in dem königl. und hoch-fürstl. Kunst-Hause so genannten Medaillen-Cammer befindlichen Pretiosa und anderen Sachen. 1744 / 1747, S. 197.
Literatur:
  • Weber-Zeithammer, Eva: Studien über das Verhältnis von Architektur und Plastik in der Barockzeit. In: Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte 21 (1968), S. 158-215, S. 101, 147, Kat.Nr. 120.
  • Theuerkauff, Christian: Zu Francis van Bossuit (1635-1692), "Beeldsnyder in Yvoor". In: Wallraf-Richartz-Jahrbuch 37 (1975), S. 119-182, S. 135, 173 f., Kat.Nr. 24.
  • Schmidberger, Ekkehard; Richter, Thomas; Eissenhauer, Michael [Hrsg.]: SchatzKunst 800-1800. Kunsthandwerk und Plastik der Staatlichen Museen Kassel im Hessischen Landesmuseum. Wolfratshausen 2001, S. 264, Kat.Nr. 115.


Letzte Aktualisierung: 14.07.2023



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